Horsten, St. Mauritius

Orgel von Samuel Schröder (17311733)

Navigation: Kirchstraße 2, 26446 Friedeburg

Auf der Westempore der St.-Mauritius-Kirche in Horsten erhebt sich bis zur Holzdecke hinauf der prächtige barocke Orgelprospekt (die künstlerische, verzierte Vorderseite der Orgel). Sein reichhaltiges Schnitzwerk umschließt nicht nur die hohen Seitentürme, sondern auch den ganzen Freiraum zwischen dem niedrigeren Mittelteil und der Kirchendecke – bekrönt von einer großen Wappenkartusche (einem verzierten Rahmen, hier zur Umrahmung von Wappen). Die Gliederung scheint auf ein vier Fuß hohes Hauptwerk in der Mitte – in der klassischen Anordnung mit einem großen, polygonalen (vieleckigen) Mittelturm, kleineren seitlichen Spitztürmen und dazwischenliegenden zweistöckigen Flachfeldern – und zwei flankierende (umrahmende), acht Fuß hohe Pedaltürme hinzudeuten. Tatsächlich aber gehört dieser ganze Prospekt zum achtfüßigen Hauptwerk. Unter dem Mittelteil – direkt über dem Spieltisch – sind die kleinen, durchbrochenen Türen des Brustwerks zu sehen.

Die Orgel wird von Samuel Schröder aus Jever erbaut, der wahrscheinlich bei Joachim Kayser das Orgelbauer-handwerk erlernt. Im Mai des Jahres 1731 erhält er den Auftrag für den Bau dieses Instruments und Ende März 1733 findet die Abnahmeprüfung statt. Von dem Ruhm dieses einzigen von ihm bekannten Orgelwerks hat er aber nicht viel, denn er stirbt bereits gut einen Monat später und wird am 07. Mai in Jever beerdigt.

Eine kleine Renovierung und Stimmung wird bereits 1735 durch Johann Dietrich Busch (Itzehoe/Oldenburg) ausgeführt. Weitere Reparaturen sind für 1771, 1789, 1836 und 1857 belegt. Zu einschneidenden Veränderungen kommt es aber erst 1907, als Johann Martin Schmid (Oldenburg) die scharfen und schnarrenden Register dem Zeitgeschmack entsprechend durch romantische Stimmen ersetzt und die Klaviaturen erneuert. Dann fallen 1917 die Prospektpfeifen der Kriegsrüstung zum Opfer. Sie werden 1927 durch Zinkpfeifen ersetzt, wobei die Orgelbauwerkstatt Furtwängler & Hammer (Hannover) einen Subbaß 16 als selbständiges Pedalregister auf einer pneumatisch gesteuerten Windlade hinzufügt.

Die Orgelbauwerkstatt Alfred Führer (Wilhelmshaven) rekonstruiert 1955/1956 die ursprüngliche Disposition und baut zusätzlich ein neues selbständiges Pedalwerk mit drei Registern und zwei Vakantplätzen hinter das Hauptgehäuse. Eine gründliche Instandsetzung – ebenfalls durch Führer – erfolgt 1985. Bei dieser Gelegenheit wird auch das Orgelgehäuse von seinen Farbfassungen befreit, sodass es nun wieder sein wertvolles, nur leicht getöntes Eichenholz zeigt. Nach weiteren Arbeiten durch Martin Wurm 2007 ist eine gründliche Restaurierung geplant.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(20 / HW/BW/Ped)

Hauptwerk

Brustwerk

Pedal

 

Principal

Quintade

Gedackt

Oktav

Quinte

Oktav

Sesquialtera

Mixtur

Trompete

8

16

8

4

22/3

2

2f.

4–5f.

8

 

+/o *

r/o *

o

o

o

o

r

r

rr *

Gedackt

Flöte

Spitzflöte

Quinte

Scharff

Regal

8

4

2

11/3

3f.

8

 

o

o

o

r

r

r °

Subbaß

Oktavbaß

Choralbaß

Vakant

Vakant

16

8

4

 

+

+

++

°°

°°°

 


Pfeifenwerk:

 

*
°

°°

°°°

o

++

+

r

rr

=

=
=

=

=

=

=

=

=

B/D

Regal 8

für Mixtur 4fach

für Posaune 16’

1733

1907

1927

1956

1985 (Baujahr ca. 1935)

Bass und Diskant

ein Krummhorn in Doppelkegelform

vakant (frei, offen)

vakant

Schröder (original)

Johann Martin Schmid

Firma Furtwängler & Hammer

Führer neu, entsprechend der urspr. Disposition (restauriert)

aus Führers Bestand, gebraucht eingebaut

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Stimmung:

Koppeln:

Untertastenbeläge:

Registerschilder auf Manubrien:

C, D, E – c''' (Cis und Dis: stumme Tasten)

C – d'

62mmWS

gleichstufig auf 447 Hz

Manualkoppel, Pedalkoppel (C, cis, D, dis, E, F...)

Elfenit

Führer (1956), Manubrien älter aber nicht original


Bau-/Restaurierungsgeschichte

Aus der Orgeltopographie von Walter Kaufmann und vor allem aus den in der Akte „Horsten“ des Orgelrevisors gesammelten Dokumenten ist über die Bau-, Umbau- und Restaurierungsgeschichte der Orgel Folgendes zu entnehmen:

 

 

1731

Neubau der Orgel durch Samuel Schröder (Jever) für 520 rthl. (Reichstaler).

 

 

1732

Abholung der Orgel aus Jever am 30.10.1732.

 

 

1733

Abnahme durch den Organisten M. Wittvogel am 30.03.1733. [Anm.: Schröder stirbt rund einen Monat später und wird am 07.05.1733 in Jever beerdigt. Die Orgel in Horsten ist der einzige von ihm erhaltene Neubau.]

 

 

1735

Renovierung und Stimmung der Orgel durch Johann Dietrich Busch (Itzehoe/Oldenburg) für 10 rthl. mit Hilfe seines Gesellen.

 

 

1771

Reparatur der Orgel durch Hinrich Just Müller (Wittmund) für 250 Gl. (Groschen).

 

 

1789

Kostenanschlag von Ihno Eylard und Anton Franz Schmid (Logabirum): Reparatur der Bälge, Holz-pfeifen und Trompetenbecher.

 

 

1836

Kostenanschlag von Gerd Sieben Janssen (Aurich): neue Hosen und Stiefel für Trompete und Dulcian, neue Stöpsel für Gedacktpfeifen.

 

 

1857

Kostenanschlag von Gerd Sieben Janssen (Aurich): Reparatur von Bälgen, Kanälen und Tremulant. Die Holzpfeifen (Bordun 16, Gedackt 8’ und Flöte 4) werden mit Ölfarbe gestrichen.

 

 

1907

Umgestaltung der Disposition durch Johann Martin Schmid (Oldenburg): im Hauptwerk neue Trompete, Gambe 8 anstelle von Mixtur, im Brustwerk Salicional und Geigenprinzipal 8 anstelle von Sesquialtera, Scharf und Dulcian. Neue Manualklaviaturen.

 

 

1917

Ablieferung der Prospektpfeifen für die Kriegsrüstung.

 

 

1927

Fragebogen: Die Firma Furtwängler & Hammer (Hannover) wird einen neuen Prinzipal 8 (Prospekt) und einen Subbaß 16 für das Pedal liefern.

 

 

1946

Gutachten des Orgelpflegers Wolfgang Pahlitzsch (Emden): „Das 1734 erbaute Orgelwerk weist im Kern des Registerbestandes noch seinen schönen alten Klang auf. Von besonderer Schönheit, Klarheit und ‚Süße‘ sind die erhaltenen alten Stimmen des Brustwerks. Seine schönsten Stimmen Nassatquinte 11/3, Scharf 5fach und Dulcian 8, sowie im Hauptwerk Sexquialter 2fach, wurden Anfang des 20. Jahrhunderts durch unpassende, zähflüssige Stimmen ersetzt. Sehr zum Nachteil der Orgel! Der Wiedereinbau dieser Stimmen sollte unbedingt für spätere Zeiten, in denen es vielleicht wieder Material gibt, im Auge behalten werden. – Sehr zu begrüßen wäre es, wenn das Pedal mehr Selbständigkeit erhielte, damit der Organist der Gemeinde mit der ganzen Fülle guter Orgelmusik dienen könnte. Der Subbaß 16 tut es da allein nicht, ihm müßte ein Oktavbaß 8 und ein Choralbaß 4 zur Seite gestellt werden. Außerdem müßte der Subbaß mehr Kraft und der nach dem 1. Weltkrieg im Prospekt wieder eingebaute Principal 8 mehr Fülle durch Umintonieren erhalten. Im Ganzen gesehen ist die Orgel noch gut in Stand. Dringend erforderlich ist eine Überarbeitung der gesamten Registermechanik; die Registerzüge arbeiten teils zu schwer, teils zu leicht, teils unzu-verlässig.“

 

 

1947

Bericht des Sachverständigen für Orgelbau Rudolf von Beckerath (?) (Erbauer und Jahr unbekannt): […] Der mittlere Turm ist stumm, doch zeigt der Stock der Prospektpfeifen mit seinen Bohrungen, daß hier früher sprechende Pfeifen gestanden haben. […] Traktur teils erneuert. Klaviaturen mit einarmigen Tasten, Pedal ursprünglich angehängt, jetzt mit eigener Koppel. […] 3 alte sehr schadhafte Keilbälge noch vorhanden. Elektrischer Winderzeuger mit eigenem Magazin, Wind ist ruhig. Kanalweiten zum Hauptwerk 100 x 200mm, zum Brustwerk 80 x 170mm. Winddruck 60mmWS. […] Klaviaturen von 1907, Umfang C – c''' ohne Cis und Dis, Oktavmaß 162mm. Pedal von 1907, Teilung 70mm von Ganzton zu Ganzton, c liegt unter c' des Manuals. […] Die ursprünglich im Hauptwerk vorhanden gewesenen Pulpeten (speziellen Dichtungen) sind alle durch gebohrte Plättchen aus Zink ersetzt. […] Tonhöhe 3/4Ton über Normal a.“


Disposition:

(originale Schreibweise)

Hauptwerk

 

Prinzipal

Bordun



Gedackt

Oktav

Quinte

Oktav

Gamba

Mixtur



Trompete

8

16



8

4

3

2

8

2–3fach



8

 

„Im Prospekt neu von Zink. 1926 eingebaut, viel zu enge Mensur im Baß

Hier stand früher Quintadena 16, deren Metall für die Becher der Trompete 81909 von Schmid (Oldenburg) verwendet wurde. Jetzt von Wurm angefressene Holzpfeifen von C – f. Rest alte Metallpfeifen aus 20% Legierung ohne Kernstiche, ziemlich dünnwandig mit Rundlabien und gr. Seitenbärten

alt, ganz aus Metall, 20% Legierung. Mit Deckhüten, großen Bärten, Rundlabien und ohne Kernstiche. Ziemlich dünnwandige Pfeifen.

alt, 20% Legierung, Rundlabien, ohne Bärte, vereinzelt Kernstiche

alt, Pfeifen genau wie 4, vereinzelt Kernstiche

alt, Pfeifen genau wie 4 und 3. Vereinzelt Kernstiche. Mensur identisch mit Oktave 4

neu von Schmid (Oldenburg). Hier stand früher Sesquialtera 2fach.

war früher 4–5fach. Ist völlig umgestellt, hat überhaupt keine einheitliche Mensur mehr und beginnt jetzt mit einem 2. Nach Maßgabe der Rastbretter muß die alte Zusammensetzung etwa folgendermaßen gelautet haben: C: 12/3 1/2 1/3 , c: 2 11/3 12/3 , c': 4 22/3 2 11/3 , c'': 4 22/3 2 2 11/3

neu von Schmid (Oldenburg), mit Bechern aus der alten Quintadena 16

 


Brustwerk

 

Gedackt

Flöte

Spitzflöte

vakant

Salicional

Geigenprinzipal

8

4


2



8

8

 

„alt. C – f von Eichenholz, Rest Metall. […] Nicht heranzukommen, da das Brustwerk durch zugebaute größere Register völlig verbaut ist

alt. C – f aus Holz gedeckt. Rest zylindrische offene Metallpfeifen in weiter Mensur und durch Kernstiche verdorben

ist der Konstruktion nach eine Flachflöte in sehr weiter Mensur. Offene konische (kegel-förmige) Pfeifen aus 20% Legierung mit Spitzlabien und Kernstichen bis h

(frei, offen) Hier stand früher Quinte 11/3

Hier stand früher Scharff 3fach

neu. Hier stand früher ein Rohrwerk, vermutlich Krummhorn in Doppelkegelform“

 


Daraus ergibt sich:

 

Hauptwerk

Brustwerk

 

Prinzipal

Bordun

Gedackt

Oktav

Quinte

Oktav

Gamba

Mixtur

Trompete

8

16
8
4

3

2

8

2–3f.
8

 

(P) +

 

o

o

o

o

++

++

Gedackt

Flöte

Spitzflöte

vakant

Salicional

Geigenprinzipal

8
4

2


8

8

 

o

o



n

 


Pfeifenwerk:

 

P

o

++

+

n

=

=

=

=

=

Prospekt

1733

1907

1926 (?)

(?)

Pfeifen des Hauptregisters

Schröder, altes Pfeifenmaterial (original)

Johann Martin Schmid (neu)

(?) Firma Furtwängler & Hammer (neu)

(?) neues Pfeifenmateial

 


(1947)


Allgemeiner Bauzustand: ist denkbar schlecht. Die Registermechanik ist völlig ausgeleiert. Die Spielmechanik klappert stark und geht im Hauptwerk viel zu schwer. Alle Rastbretter und Anhänge-vorrichtungen sind lose. Die Orgel ist sehr stark verschmutzt. In den Weichholzteilen ist starker Wurmfraß, auch in der Mechanik und im Splintholz der Windladen, welch letztere sonst aber noch einwandfrei sind. Die Metallpfeifen, namentlich im Brustwerk, sind sehr reparaturbedürftig. Die Intonation hat durch spätere Eingriffe und Verschmutzung stark gelitten, daher ist eine reine Stimmung unmöglich. Die klanglich entstellenden Einbauten von zwei 8’-Registern im Brustwerk machen es fast unzugänglich. Seine alten Stimmen sind klanglich noch sehr schön. Ebenso das Gedackt und die Prinzipale ohne 8 im Hauptwerk. Die Orgel muß früher außerordentlich schön gewesen sein.

Sofort notwendig: Reinigung, Wurmbekämpfung, Erneuerung bzw. Überholung des Regierwerks, Polstern der Mechanik. Beseitigung aller Reibungen. Auswechselung aller wurmzerfressenen Teile. Das Hauptwerk kann mühelos ebenso leicht spielbar gemacht werden, wie das Brustwerk. Reparatur der Pfeifen, Nachintonation mit größter Vorsicht. Alle Prinzipalstimmen hart an der Grenze des Überblasens intonieren. Soweit möglich, sind die Kernstiche herauszureiben. Beseitigung der Windverluste, Reparatur der Bälge, Anleimen der lose gewordenen Tastenbeläge.

Wiedereinbau der fehlenden Register im Hauptwerk: Quintadena 16, Sesquialtera 2fach mit C: 11/3 4/5 , c: 22/3 – 13/5. Wiederherstellung der Mixtur nach alter Zusammensetzung. Auswechselung der Kehlen und Zungen in Trompete 8 durch solche, die sich an die alte Konstruktion anlehnen. Einbau von Quinte 11/3 in weiter Prinzipalmensur, analog den Mensuren des Brustwerks. Einbau von Scharff 3fach im gleichen Klavier, Einbau von Krummhorn 8 in Doppelkegelform mit Kehlen und Zungen nach alten Vorbildern.

Wünschenswert, ja fast unerlässlich ist der Bau eines selbständigen Pedals. Jetziger Zustand mit pneumatischer Lade für Subbaß ist unhaltbar. Einbau einer mechanischen Schleiflade hinter der Orgel, über dem Balggerüst mit folgenden Registern: Untersatz 16, Prinzipal 8, Oktav 4, Mixtur 4fach, Posaune 16’.“

[Anm.: siehe zweiseitige Anlage für den darauf aufbauenden, zusammenfassenden Bericht von Rudolf von Beckerath mit Gesamtplanung der erforderlichen Maßnahmen in drei Bauabschnitten]

 

 

1952

Gutachten des Orgelrevisors Pahlitzsch: „Die Orgel hat außerordentlichen Denkmalswert. Dieser Wert ist jedoch zurzeit kaum noch zu erkennen.“ Es folgt eine detaillierte Aufzählung der erforderlichen Maßnahmen im Sinne der vorangegangenen Gutachten.

 

 

1954

Verfügung des Landeskirchenamtes (LKA) Hannover (Oberlandeskirchenrat (OLKR) Utermöhlen) an den Kirchenvorstand: Feststellung der ursprünglichen Disposition. Quintadena 16 und Prinzipal 8 sind geteilt. Der Prinzipal 8 im Prospekt muss in richtiger Mensur und aus Zinn erneuert werden. Trompete 8 und Krummhorn 8 sollen aus Ersparnisgründen zunächst vakant gelassen werden. Ein selbständiges Pedal soll im ersten Bauabschnitt wenigstens in der Anlage der Laden und mit den Grundstimmen Subbaß 16 und Oktav 8 vorgesehen werden. Die Oktave 8 soll dabei aus dem Prinzipal 8 des Hauptwerks genommen werden.

 

 

1956

Abnahmegutachten des Orgelrevisors Pahlitzsch über die Wiederherstellung der Orgel in Horsten: […] Die Erneuerung der vortrefflichen Denkmalsorgel ist gemäß Kostenanschlag vom 19.10.(19)54 durch die Orgelbaufirma Führer ausgeführt worden. Das gesamte Werk ist gründlich gereinigt worden. Spiel- und Registermechanik von Manualen und Pedal funktioniert durch Ausregulieren, Auswechseln schadhafter Teile, Betuchung der Achsen usw. geräuschlos und zuverlässig. Die Spielart ist leicht, gleichmäßig und angenehm geworden. Die Schleifladen wurden gründlichst überholt und weisen keine Durchstecher sowie keine Maßnahmen zur Umgehung derselben auf; die Federn sind gleichmäßig stramm. Das Pfeifenmaterial ist bis ins kleinste überarbeitet worden, Kernstiche wurden ausgerieben und die Labien wurden, wo nötig, niedriger gemacht. Die sehr dünnwandigen Pfeifen wurden verlötet, ausgebeult und zum Teil an den Rändern erneuert. Die Disposition wurde auf den ursprünglichen Stand gebracht. Anstelle von Gambe 8 Sesquialter 2fach, von Bordun 16 Quintade 16, des Zinkprincipals im Prospekt ein neuer Principal 8 aus 70% Zinn [Anm. des Unterzeichnenden: hier irrt sich Pahlitzsch, denn der Zinkprincipal von 1927 steht noch heute im Prospekt, siehe unter 1985], von Salicional 8 Scharff 3fach 2/3, der alten 3fach besetzten Mixtur eine 4–5fache auf dem 1, von Geigenprincipal 8 Krummhorn 8. Ferner erhielt die Orgel eine neue Pedallade hinten rechts und links der Hauptwerkslade. Die Pedallade konnte einstweilen nur mit dem alten Subbaß 16, der Oktav 8 aus dem alten Prospektprincipal und Oktav 4 aus dem alten Geigenprincipal besetzt werden. Somit fehlen der Gesamtdisposition die sehr wichtigen Stimmen Trompete 8 im Hauptwerk, Posaune 16 und Mixtur 4fach im Pedal; und die Oktav 4 im Pedal ist nur als Behelf zu betrachten, den die Orgelbaufirma ohne Berechnung eingesetzt hat. Es ist sehr zu hoffen, daß auch die letzte Stufe der Restauration noch erreicht wird und diese noch fehlenden Register im Laufe der nächsten Jahre eingebaut werden, damit die Orgel vollständig wird und nicht ein Torso bleibt. […] In der Intonation lässt einzig wünschen übrig: die tiefe Oktave der Quintade 16; sie ist zu dumpf, der Ton dürfte magerer und quintiger sein. Ich bitte, den Orgelbaumeister zu veranlassen, daß dieser Mangel durch entsprechende Intonation behoben wird. […]

 

 

1958

Die Orgel wird vom LKA in die Liste der Denkmalsorgeln aufgenommen.

 

 

1964

Visitationsbericht des Orgelpflegers Kirchenmusikdirektor (KMD) Pahlitzsch (Leer): […] Das Äußere des Spieltischs ist durch ein Gewirr von elektrischen Leitungen sowie durch ein Schaltbrett mit elektr. Sicherungen und Schaltern verunziert. Da muß für Abhilfe gesorgt werden. […]

 

 

1971

Reinigung und Reparatur der Orgel durch Alfred Führer (Wilhelmshaven) nach einer durch Neueindeckung der Kirche verursachten Verschmutzung der Orgel und Beschädigung der Mechanik des offen aufgestellten Pedalwerks (durch herabfallende Steinbrocken).

 

 

1977

Kleine Reparatur durch Alfred Führer: Ersatz der an den Ledermuttern stark oxydierten und daher häufig brechenden Abzugsdrähte im Pedal mit neuen Pulpeten.

 

 

1978

Planung des Abbaus, der Instandsetzung bzw. Restaurierung und des Wiedereinbaus der Orgel im Zusammenhang der bevorstehenden umfassenden Kirchenrenovierung.

 

 

1979

Es stellt sich heraus, dass die Orgelempore nicht erneuert werden muss, sodass die Orgel nicht abgebaut und ausgelagert zu werden braucht. Daher beschließt der Kirchenvorstand, die Orgel nicht im denkmalpflegerischen Sinn umfassend zu restaurieren, sondern lediglich in der bestehenden Form gründlich instandsetzen zu lassen.

 

 

1985

Gründliche Instandsetzung der Orgel im Anschluss an die Kirchenrenovierungsarbeiten mit dem Einbau einer gebrauchten Trompete 8 (Baujahr ca. 1935) aus Führers Bestand. Abnahme-Gutachten des Orgelrevisors Reinhard Ruge: […] Eine umfassende Restaurierung nach denkmalpflegerischen Maßstäben stand nicht zur Debatte. Sie bleibt späteren Zeiten vorbehalten. Der seit 1956 bestehende Zustand wurde grundsätzlich beibehalten. […] Der Prospekt wurde zwischen den Orgelbauarbeiten durch die Restauratorwerkstatt Horst Icks (Bramsche) nach denkmalspflegerischen Gesichtspunkten restauriert: das Schnitzwerk wurde repariert und ergänzt, die Farbfassung wurde entfernt und das wieder freigelegte Naturholz leicht getönt. Die Prospektpfeifen (aus Zink) wurden von ihrer Silberbronze befreit. Eine danach erforderliche Reparatur beschädigter Prospektpfeifen wurde von der Orgelbauwerkstatt gesondert in Rechnung gestellt. […] Über den Kostenanschlag hinaus wurde ein neues elektrisches Gebläse (Ventus) geliefert. […] Bei der Nachintonation des Pfeifenwerks wurden die Oberlabien der Quintade 16 etwas nachgeschnitten. Sie waren 1956 alle hoch aufgeschnitten und sodann durch Einlötungen stark erniedrigt worden. […] Hinter dem Orgelgehäuse wird ein weiträumiger Laufboden neu angelegt, der zugleich als obere Abdeckung des Pedalwerks dient.

 

 

2007

Reparaturen, Teilreinigung, Intonations- und Stimmarbeiten durch Martin Wurm (Neustadtgödens), der dabei feststellt, dass eine normale Reinigung des Pfeifenwerks wegen des stark beschädigten Zustandes – insbesondere der historischen Pfeifen – nicht mehr durchgeführt werden kann. Außerdem wird herausgefunden, dass das Orgelgehäuse beim Einbau der Pedalmechanik (1956) erheblich geschwächt wird, indem der statisch wichtige, massive Bodenrahmen zweifach durchtrennt wird, was nun dazu führt, dass sich das Gehäuse im hinteren Bereich in der Mitte senkt.

 


(Stand 05.05.2022; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge (aus dem Rahmenplan für die Restaurierung der Orgel von 2009)

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