Canum, Ev.-ref. Kirche (ehem. St. Jan)

Orgel von Bartelt Immer (2010) im historischen Prospekt von Gerhard von Holy (1723)

Navigation: Canumer Kirchstraße, 26736 Krummhörn – Canum

Die kleine Kirchengemeinde Canum mit 240 Gemeindegliedern besitzt eine weithingehend unbekannte – aber gleichwohl sehr bedeutende – romanische Kirche. Die ev.-ref. Kirche in Canum ist eine der wenigen ostfriesischen Kirchen, deren Bausubstanz auf höchstem Niveau erhalten ist, was sich an den erhaltenen Domikalgewölben (kuppelähnlichen Gewölben jeweils über einem quadratischen Grundriss des Bodens) zeigt. Die klare Formen-sprache ihrer Architektur prägt den Aussagegehalt des Raums.

Im ausgehenden 16. Jahrhundert erhält die Kirche eine wertvolle Innenausstattung: einen Fliesenteppich aus Plavuizen (Fliesen), ein Renaissanceinterieur mit Abendmahlstruhe, einen Dreisitz (drei extra Sitzplätze vorne, die von den restlichen Plätzen getrennt sind – früher während des Gottesdienstes Geistlichen bestimmt) mit Baldachin (kleinem Zierdach, zum Beispiel über der Kanzel in der Kirche) und eine Kanzel. Gottfried Kiesow ordnet die Kanzel als wohl älteste Renaissance-Kanzel Ostfrieslands ein, die nach heutiger Schätzung bereits auf das Jahr 1560 zurückgeht.

Die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Canum ist im Besitz eines historischen, barocken Orgelprospekts (der künstlerischen, verzierten Vorderseite der Orgel) des ostfriesischen Orgelbauers Gerhard von Holy von 1723 aus Wetter an der Ruhr. Die seltenen, originalen Prospektpfeifen des Principal 8 aus Blei sind ebenso erhalten wie die wertvollen Holzschnitzereien der barocken Prospektverzierungen.

Die Kirchengemeinde Canum strebt mit dem „Orgelprojekt Canum“ die Restaurierung nach Maßgabe der Holy-Orgel von Nesse, die allerdings im 19. Jahrhundert verloren geht, an. Diese Orgel führt zu ihrer Zeit in der originalen Disposition 14 Register verteilt auf Hauptwerk und Brustwerk. Zahlreiche Spender engagieren sich damals für die Restaurierung der Holy-Orgel. Dies ist ein wegweisender Schritt in der substantiellen Weiterentwicklung der Orgellandschaft Ostfrieslands.

Die restaurierte Holy-Orgel steht klanglich und ästhetisch in einer Reihe mit den zwei größeren Holy-Orgeln in Marienhafe und Dornum, die von europäischer Bedeutung sind. Die akustischen, architektonischen und ästhetischen Bedingungen der Canumer Kirche bieten beste Vorraus-setzungen für die restaurierte Holy-Orgel.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen in römischen Zahlen.

Disposition:

(18/HW/BW/Ped.)

Hauptwerk I

Brustwerk II

Pedal

 

Principaal

Rohr-Fleute

Ocatve

Spits-Fleute

Nashorn

Octave

Mixtur

Sesquialter

Trompete

8

8

4

4

3

2

III

II

8

 








*

B/D

Gedact

Rohr-Fleute

Spits-Fleute

Quint-Fleute

Scharf

Krumhorn

8

4

2

11/2

II

8

 





*

Subbass

Octave

Trompete

16

8

8

 



*

 


Pfeifenwerk:

 

(  )

*

=

=

2010 (kein Zeichen)

2012/2013

Bartelt Immer, erster Bauabschnitt

Bartelt Immer, zweiter Bauabschnitt

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Koppeln:

Tremulant

Kalkant

Nachtigall

C – d'''

C – d'

60, 5mmWS

a' = 440 Hz

Vallotti (1/6 Komma)

II/I (Schiebekoppel), I/Ped (Manubrien), II/Ped (Manubrien)


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1855

Die Gemeinde erhält eine erste Orgel von Brond de Grave Winter mit acht Registern auf einem Manual und angehängtem Pedal – nach dem Zweiten Weltkrieg abgängig.

 

 

1964

Alfred Führer führt einen Orgelneubau mit sechs Registern durch.

 

 

2010

Der Orgelbaumeister Bartelt Immer schafft auf der Grundlage von Werken von Gerhard von Holy eine neue Orgel mit 15 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Die Disposition orientiert sich an der verlorengegangenen Holy-Orgel in Nesse (1709 bis 1710). Zudem erwirbt die Gemeinde den erhaltenen Prospekt mit einigen originalen Prospektpfeifen von Holy aus Wetter an der Ruhr (1723). Die Originalteile dienen als Grundlage für die Rekonstruktion, während die fehlenden Register anhand der Originalstimmen der Orgel in Dornum und der Orgel in Marienhafe nachgebaut werden.

 

 

2012/13

In einem zweiten Bauabschnitt werden drei vakante (freie, offene) Register ergänzt werden, sodass das Werk seitdem über 18 Register verfügt.

 


(Stand 27.04.2022; Literatur und Quellen: http://www.kirche-canum.de/index.php?option=com_content&task=view&id=18&Itemid=30, Abrufdatum 29.01.2012; http://de.wikipedia.org/wiki/Canumer_Kirche, Abrufdatum 29.01.2012, 14.03. 2013)