Jever, Stadtkirche

Orgel von Alfred Führer (1966)

Navigation: Am Kirchplatz 13, 26441 Jever

Als am 01. Oktober 1959 die alte Stadtkirche in Jever – eine Schöpfung der Barockzeit – bis auf die Grundmauern niederbrennt, muss eine neue Kirche gebaut werden. Dieser Herausforderung stellt sich der Architekt Prof. Dieter Oesterlen (Hannover/Braunschweig). Er schafft ein Bauwerk, bei dem sich Altes und Neues miteinander verbinden sollten. So greift die Grundform der Kirche auf das griechische Kreuz der alten Stadtkirche zurück, dem modernen Baustoff Beton steht traditionelles Ziegelmauerwerk gegenüber, und die gefaltete Dachkonstruktion korrespondiert in ihren Giebeln mit den Häusern, die den Kirchplatz umgeben. Durch die besondere Gestaltung des Eingangsbereichs, bei dem die Portale (der hervorgehobene Eingang) der alten Stadtkirche Verwendung finden, gelingt es sogar, den aus früherer Zeit stammenden Chorraum mit dem Edo-Wiemken-Grabmal mit dem neuen Gebäude zu verbinden. Der Altarstein aus grauem Granit stammt aus Oberitalien und das vier Meter hohe Stahlkreuz vor der Stirnwand wird von dem Berliner Kunstschmied Fritz Kühn gefertigt. Zu den wenigen Ausstattungsgegenständen, die aus der alten Stadtkirche erhalten sind, gehört der barocke Taufstein auf der linken Seite des Altars.

Die Orgel in der Stadtkirche ist mit 48 Registern auf drei Manualen und Pedal eine der größten der oldenburgischen Kirche. Sie wird von der wilhelmshavener Orgelbaufirma Alfred Führer im Jahr 1966 in die kurz zuvor neu errichtete Stadtkirche eingebaut. Die klare optische Gestalt stammt von dem Architekten der Kirche und fügt sich gut in den Kirchraum ein. Die Disposition schafft der damalige Kirchenmusiker Günter Maurischat. Die Orgel wird 2006 von der Firma Bartelt Immer (Norden) generalüberholt und in diesem Zusammenhang können zwei Register ausgetauscht werden. Als neues Register folgt 2007 ein Untersatz 32’. Die Orgel besitzt nun zwei Register-Steueranlagen: Neben der neuen Anlage mit 7000 Kombinationen (amerikanisches Prinzip) bleibt die originale (deutsche) Setzeranlage mit sechs Setzern erhalten.


Anm.: originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(48 / HW/SW/RP/Ped)

Hauptwerk

Schwellwerk

Rückpositiv

 

Bordun

Principal

Spitzflöte

Oktav

Gedacktflöte

Quinte

Oktav

Sesquialtera

Mixtur

Zimbel

Trompete

Trompete

16’

8’

8’

4’

4’

22/3

2’

2f.

6f. 11/2

3f. 2/3

16’

8’

 

+








+

Viola da Gamba

Holzgedackt

Principal

Koppelflöte

Nasat

Hohlflöte

Gemshorn

Mixtur

Scharff

Dulcian

Oboe

Schalmey

8’

8’

4’

4’

22/3

2’

13/5

5f. 2’

4f. 1/2

16’

8’

4’

 

 

Metallgedackt

Quintade

Principal

Rohrflöte

Oktave

Blockflöte

Quinte

Oktave

Terzian

Scharff Mixtur

Krummhorn

8’

8’

4’

4’

2’

2’

11/3

1’

2f.

4f. 2/3

8’

 


Pedal


(Pedal)

 

Untersatz

Principal

Subbass

Oktav

Rohrgedackt

Oktave

Gemshorn

32’

16’

16’

8’

8’

4’

4’

 

++

Dolkan

Rauschbass

Mixtur

Posaune

Trompete

Clarine

2’

3f.

6f. 22/3

16’

8’

4’

 


*

 


Pfeifenwerk:

 

*

(  )

+

++

=

=

=

=

Rauschbass

1966 (kein Zeichen)
2006

2007

Zusammensetzung: 3f. 51/3’+31/5’+22/7

Alfred Führer
Bartelt Immer

Bartelt Immer

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:
Pedalumfang:
Koppeln:

Spieltraktur:

Registersteuerung:

Setzeranlage:

7000fache Setzerkombination:

Tremulant:

Schleifladen

C – g'''

C – f'

SW/HW, RP/HW, HW/Ped, SW/Ped, RP/Ped, SW/RP: +

mechanisch

elektrisch

mit 6 Setzerkombinationen

elektronisch, mit Sequenzer und Crescendowalze: +

im SW und RP


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1714

Neubau einer Orgel durch Gerhard von Holy (Jever): Verwendung von Registern aus dem Instrument von 1597 (Marten de Mare), HW/BW/OW/Ped mit 32 Registern, Tremulant und Koppel für zwei Klaviere, Tonumfang: Manuale C, D, E – c''', Pedal C, D, E – d'.

 

 

1728

Große Teile der Kirche mitsamt der Orgel werden durch einen Brand zerstört.

 

 

1756

Neubau der Orgel durch Johann Adam Berner: HW/BW/OW/Ped mit 42 Registern, vier Sperrventile, ein Tremulant auf das ganze Werk wirkend, Manualschiebekoppel Brustwerk ans Haupt-Manual, Kammerton, vermutlich gleichschwebende Temperatur, Winddruck 35mmWS, acht Bälge (9’ x 41/2’), Tonumfang: Manuale C – c''', Pedal C – d'.

 

 

1864

Kostenanschlag von der Firma Philipp Furtwängler & Söhne (Elze) über einen Umbau der Orgel und einer Beschreibung des vorhandenen Instruments, bei der er besonders die Temperatur der Orgel bemängelt:

„…, aber noch weit auffallender ist die Temperatur der Orgel, nicht bloß mangelhaft, sondern ganz verwerflich und falsch. Bei dieser Temperatur der Orgel ist es auch durchaus nicht möglich aus allen Tonarten zu spielen.“

Daraus ist zu schließen, dass die Orgel zu diesem Zeitpunkt keine gleichschwebende Temperatur besitzt. Außerdem schlägt Furtwängler den Bau von vier neuen Schleifladen für das Pedal vor – vermutlich wegen der Einrichtung von Forte- und Piano-Pedal – die mittels Tritte über der Pedalklaviatur eingeschaltet werden sollen.

Nach der gleichen Disposition reicht der Orgelbauer Schmid II (Oldenburg) am 17. Mai 1864 einen Kostenanschlag ein. Auch er beschreibt die vorhandene Orgel und baut schließlich das Instrument um: 41 Stimmen (davon 31 aus der alten Orgel), dreimanualig, Forte- und Piano-Pedal, Manual III im Schwellkasten, Schiebekoppel III/I, Pedalkoppel I, Manualumfang C – c''', Pedalumfang C – d'.

 

 

1934

Beginn der Orgel-Restaurierung nach dem Gutachten und Plan von Dr. Schütte durch Alfred Führer (Wilhelmshaven): HW/BW/OW/pneumatisches Pedal, 38 Stimmen.

 

 

1949

Einweihung der fertiggestellten Orgel am 06. Februar durch Pt. Schröder und Landesbischof Stählin, Abnahme der Orgel durch Dr. Schütte, HW/BW/OW/P mit 43 Stimmen, Manualumfang C – c''', Pedalumfang C – f', Tremulant im OW, Koppeln OW/HW, BW/HW, HW/Ped, Einbau einer mechanischen Schleiflade für das Pedal C – f'. Herabsetzen des Windladendrucks auf 72mmWS.

 

 

1957

Einbau einer neuen Mixtur sechsfach laut Kostenanschlag vom 19. September 1956 von Alfred Führer.

 

 

1959

Die Kirche und Orgel werden am 01. Oktober durch ein Feuer zerstört.

 

 

1966

Neubau durch Alfred Führer (Wilhelmshaven).

 

 

1981

Reinigung der Orgel und Einbau neuer Schleifenzugmagnete durch Firma Führer (Wilhelmshaven).

 

 

1986

Reinigung der Orgel nach dem Einbau neuer Kirchenfenster durch die Firma Führer, Einbau einer neuen Spitzflöte 8’ im Hauptwerk anstelle von Rohrflöte 8’.

 

 

2000

Erneuerung der Lederpulpeten und Ventilbeläge durch die Firma Führer.

 

 

2006

Generalreinigung, Einbau einer zusätzlichen 7000fachen elektronischen Setzerkombitation, Einbau von Bordun 16’ anstelle von Quintade 16’ und Erneuerung der Zimbel im Hauptwerk, sowie Austausch der Schleifenmotore gegen Magnete durch Bartelt Immer (Norden).

 

 

2007

Zusätzlicher Einbau von Untersatz 32’ durch Bartelt Immer.

 


(Stand: 27.02.2020; Literatur und Quellen: Walter Kaufmann: Die Orgeln des alten Herzogtums Oldenburg, Oldenburg 1962; Fritz Schild: Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln im Gebiet der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Wilhelmshaven 2008; www.stadtkirche-jever.de)