Plate, St. Marien

Orgel der Gebr. Hillebrand (1980/81) im historischen Gehäuse (16. Jahrhundert)

Navigation: Plate Nr. 1, 29439 Lüchow

Das Orgelwerk in Plate wird im Jahr 1981 von der Firma Gebr. Hillebrand – Orgelbau erbaut. Hinter einem besonders wertvollen Renaissance-Prospekt (der künstlerischen, verzierten Vorderseite der Orgel) mit originalen Prospektpfeifen – in dieser Form einmalig im norddeutschen Raum – entsteht ein Werk mit technischem und klanglichem Bezug zum Orgelbau des 16. und frühen 17. Jahrhunderts.

Aus alten Akten geht hervor, dass der Orgelbauer Johann Hellwig („Hellwich“) – unter anderem in Thorn und Danzig tätig – 100 rthl. (Reichstaler) 1603 und später noch einmal 50 rthl. für die Orgel erhält. Ihr Gehäuse wird erst 1609 (siehe Aufschrift am Rückpositiv) vermalt.

Ob das Instrument damals nur repariert, neu für Plate errichtet oder möglicherweise auch als gebrauchte und damit deutlich ältere Orgel angekauft wird, ist aus den vorhandenen Archivalien nicht zweifelsfrei zu ersehen. Weitergehende Forschungen ergeben bis heute ebenfalls keine sichere Datierung und Entstehung der Orgel. In jedem Fall handelt es sich um ein sehens- und hörenswertes Instrument in einer herrlichen Kirche aus dem 13. Jahrhundert.

Die Orgel ist auf der NOMINE-CD „Orgellandschaften“ zu hören. Ausschnitte sind auf der Seite unseres Partnershops jpc zu hören. Bitte hier klicken, um zum jpc-Partnershop zu gelangen.


Anm.: originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (fuß).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach.

Disposition:

(18 / HW/RP/Ped)

Hauptwerk

Rückpositiv

Pedal

 

PRAESTANT

ROHRFLOIT

OCTAV

NASAT

SUPEROCTAV

MIXTUR

TROMPET

8 fuß

8 fuß

4 fuß

3 fuß

2 fuß

4fach

8 fuß

 

GEDACT

PRAESTANT

FLOIT

FLOIT

QUINT

8 fuß

4 fuß

4 fuß

2 fuß

11/2 fuß

 

SUBBASS

PRINCIPAL

FLOITBASS

OCTAV

NACHTHORN

TROMPET

16 fuß

8 fuß

8 fuß

4 fuß

2 fuß

8 fuß

 


+

*
*
+

+

 


Pfeifenwerk:

 

*


(  )

+

=

=

=

Transmission vom HW

1980 (kein Zeichen)

2014

Kopplung eines Registers an ein anderes Werk

Firma Gebr. Hillebrand – Orgelbau

Firma Gebr. Hillebrand – Orgelbau: neue Register

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:
Pedalumfang:

Tonhöhe:

Stimmung:

alle Metallpfeifen:


COPPEL MAN.:
COPPEL PED.:
TREMULANT:

C – f'''

C – f'

ca. 1/2Ton über normal

modifiziert mitteltönig

aus gehämmertem Metall angefertigt


RP/HW

HW/Ped

+


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1500

Die Gehäuseform deutet auf eine Erbauung der Orgel im 16. Jahrhundert hin. Aus dieser Zeit gibt es keine gesicherten Angaben über den Orgelbauer und die genaue Bauzeit. Unklar ist zudem, ob die Orgel ursprünglich für diese Kirche erbaut oder eventuell gebraucht gekauft und nach Plate verlegt wird.

 

 

1603

Der Orgelbauer Johann Hellwig („Hellwich“) erhält für seine Arbeiten an der Orgel 100 rthl. und einige Jahre später noch einmal 50 rthl. Beide Beträge reichen zum Bau einer neuen Orgel dieser Größe nicht aus. Bemerkenswert ist, dass Hellwig und sein Mitarbeiter Weistock („Wittrock“ ?) im frühen 17. Jahrhundert in Danzig und Thorn arbeiten.

 

 

1609

Diese Jahreszahl steht am Rückpositiv, dürfte allerdings nicht dem Erbauungsjahr entsprechen. Allenfalls dem Jahr der Farbfassung bzw. Neuvermalung.

 

 

1638

Zerstörung der Orgel im Dreißigjährigen Krieg.

 

 

166669

Der Orgelbauer Justus Kayser (Celle) führt eine „völlige Reparatur“ für 553 rthl. aus. Fertigstellung zu Pfingsten 1669.

 

 

1686

Johann Balthasar Held repariert die Orgel und ändert die Disposition für 60 rthl.

 

 

1695

Reparatur durch den Orgelbauer Büsch aus Parchim.

 

 

1703

Reparatur für 141 rthl. durch den Salzwedeler Orgelbauer Anthon Heinrich Gansen.

 

 

1716

Reparatur für 24 rthl. durch den Orgelbauer Christian Creinow.

 

 

173253

Verschiedene kleinere Reperaturen durch den Organisten Mackenthun (Plate).

 

 

1757

Reparaturausgaben in Höhe von 2181/2 rthl. an einen nicht namentlich genannten Orgelbauer.

 

 

1868

Reparatur durch den Orgelbauer Friedrich Fleiter der Firma Rohlfing (Osnabrück).

 

 

1900

Die Firma Furtwängler & Hammer (Hannover) errichtet hinter dem historischen Prospekt des Hauptgehäuses eine pneumatische Orgel (II+P/15). Das Rückpositiv verbleibt als leeres Gehäuse.

 

 

1980/81

Hinter dem wertvollen Renaissance-Prospekt mit historischen Prospektpfeifen errichten die Gebr. Hillebrand – Orgelbau 1981 ein neues Werk mit Schleifladen und mechanischen Trakturen. Technisch und klanglich gibt es Bezüge zum Orgelbau des 16. und frühen 17. Jahrhunderts.

 

 

1998

2003

Die beiden Gehäuseteile der Orgel (Hauptwerk und Rückpositiv) werden nach denkmalpflegerischen Grundsätzen minutiös restauriert. Jüngere Überfassungen werden entfernt und die ursprüngliche Farbenpracht freigelegt, wo nötig auch ergänzt.

 

 

2014

Nach einer mehrere Jahre dauernden Außen- und Innensanierung der St.-Marien-Kirche erfolgen von Januar bis März 2014 grundlegende Arbeiten an der Orgel durch die Erbauerfirma Gebr. Hillebrand: Generalreinigung der Orgel mit Reparatur der historischen Pfeifen, technische Rekonstruktionen, unter anderem stilistische Korrektur der Pedalklaviatur, zusätzliche zeittypische Register als Ergänzungen im Pedalwerk, größeres Gebläse und Einbau eines Tremulanten, Anbringung einer stilistisch passenden Registerbeschriftung, Neuintonation nach Klangparametern des 16. Jahrhunderts und Einstimmung des Instruments in eine mitteltönige Stimmung. Die Beratung erfolgt durch eine von dem Landeskirchenamt eingesetzte Fachkommission mit den Orgelsachverständigen Hans-Ulrich Funk (Herzberg/Harz) und Axel Fischer (Lüchow).

 


(Stand 24.05.2020; Literatur und Quellen: Axel Fischer)