Backemoor, St. Vincenz und Laurentius

Orgel von Johann Friedrich Wenthin (1783)

Navigation: Groot Karkweg 10, 26817 Rhauderfehn

Anm.: originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen in römischen Zahlen.

Disposition:

(12 / I/angeh. Ped.)

Manual

Technische Angaben:

 

Principal

Bordun

Viola de Gamba

Gedact

Octav

Flöte

Nassat

Octav

Cornett

Mixtur

Trompete

Vox angelica

8’

16’

8’

8’

4’

4’

3’

2’

III

IV

8’

8’

 

P, o

r

o

o°/r°°

o

o

o

o

o

o

r/rr *

rr **

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Klaviaturen:

Windlade:

Magazinbalg:

1 Keilbalg:

Tremulant:

C – c'''

C – d' (angehängt)

91mmWS

Chorton (a' = 463 Hz)

leicht ungleichschwebend (Young)

Man: +, Ped: o

o

n, im Balghaus hinter der Orgel

rr, im Untergehäuse

o

 


Pfeifenwerk:

 

°

°°

*

**

o

+

n

r

rr

=

=

=

=

=

=

=

=

=

Gedact 8’

Gedact 8’

Trompete 8’ B/D

Vox angelica 8’

1783

1887

1974

1978, 1982

2008

ab a

C – gis

Bass und Diskant, nach Reepsholt

nach Nieuwolda


Johann Friedrich Wenthin (original)

Johann Diepenbrock

Alfred Führer (neu)

Alfred Führer (restauriert)

Mense Ruiter (restauriert)


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1783

Neubau der Orgel durch Johann Friedrich Wenthin (Emden) auf einer Empore vor dem Altar im Osten.

 

 

1886

Kostenanschlag von Johann Diepenbrock (Norden) vom 20.09.1886.

 

 

1887

Reinigung und Reparatur durch Johann Diepenbrock (Norden): dabei neue Klaviatur, neuer Winkelbalken, neuer Magazinbalg (statt alter Keilbälge, die „schlecht und unbrauchbar“ seien) miteinem neuen Balggerüst und neuen, weiter mensurierten Windkanälen. Außerdem Erneuerung des Bordun 16’ – der „unbrauchbar geworden“ ist – aus Tannenholz und der 21 Holzpfeifen des Gedact 8’.

Anm.: Die Disposition der Orgel enthält laut Diepenbrocks Kostenanschlag als zweites Zungen-register eine Vox humana 8’ – keine Vox angelica.

 

 

1932

Gutachten von J. Onneken: „Die Holzpfeifen des Gedackt 8’ und des Bordun 16’ sind in den 80ger Jahren von Diepenbrock eingebaut und tadellos; die Vox angelica ist z. Zt. außer Kurs gesetzt (fehlt Verbindung mit der Lade, weil der Leim unwirksam geworden); Registerschilder aus Papier mit papiernem Goldstreifen fein umrahmt, in schönster Präntjeschrift, wie sie damals (60ger Jahre) in Schul- und Lehrerkreisen geübt wurde; Winddruck 80mm(WS), Stimmung 3/8 über Normal. Die ganz reizende, hier zu Lande seltene Vox angelica, Rohrwerk, muß wieder in Dienst gestellt, das Pedalklavier ausgepolstert werden. [...] Die Orgel mit ihrer schönen, alt- und neuzeitlichen Disposition ist es wert, von einem Meister wieder auf die alte Höhe gebracht zu werden, und dieser Meister muß einer sein, der größte Erfahrung und Zuverlässigkeit und Künstlerschaft sein eigen nennt. Der Kirchenvorstand wolle sich nicht durch niedrige Angebote täuschen lassen, auch nicht schönen Worten Gehör schenken, sondern sich von einem Sachkundigen in diesem Fach bedienen lassen.“

 

 

1933

Reisebericht von Dr. Chr. Mahrenholz: „Orgel 1783 durch Wenthien erbaut; Prinzipal 8’ im Prospekt (der künstlerischen, verzierten Vorderseite der Orgel) Metall, tiefe Oktave neu aus Holz; Vox angelica 8’, als Dulzian-Regal gebaut, teilweise mit durchschlagenden Zungen versehen. Die Orgel befindet sich nicht mehr im ursprünglichen Zustande, sondern ist durch einen von Diepenbrock vollzogenen Umbau in ihrem Klangwert stark beeinträchtigt. Trotzdem lässt aber das Werk die Schönheit der Ursprungsorgel noch deutlich erkennen. Einzelne Stimmen, wie z. B. die konisch (kegelförmig) gedeckte Quinte, sind von ganz hervorragender Klangeigenschaft. Es ist dringend notwendig, daß die Orgel in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt wird. [...] Die später eingebauten Pfeifenreihen sind durch die ursprünglichen Register zu ersetzen. Die Orgel ist ein Werk von ausgesprochenem Denkmalswerte und bedarf in ihrer klanglichen Eigenart dringend der Schonung und Erhaltung.“

 

 

1934

Die Firma Furtwängler & Hammer (Hannover) ersetzt die Diepenbrock’schen Holzpfeifen durch Metallpfeifen und baut neue Trompete 8’ und ein neues Regal 8’ (statt Vox angelica) ein.

Abnahmegutachten von J. Onneken: „Alter und Erbauer der Orgel nicht festzustellen (!); neue Quintade 16’ (tiefe Oktave aus Zink) statt Bordun, der ‚einer neuern Zeitrichtung entstammte‘; für das ursprüngliche Register Vox angelica, das so leicht Schwankungen in der Stimmung unterworfen ist, hat man ein Krummhorn 8’ eingefügt, das mit seinem charakteristischen Ton dem Orgelwerk ein Besonderes gibt; Einbau einer Windbeschaffungsmaschine (Ventus) für das Gebläse.“

 

 

1952

Die Orgel wird von dem Landeskirchenamt Hannover unter Denkmalschutz gestellt.

 

 

1972

Im Rahmen der Kirchenrenovierung im Januar: totaler Abbau und Auslagerung der Orgel in die nicht mehr benutzten Stallungen des Müllerhauses in Backemoor durch Alfred Führer (Wilhelmshaven) und im November: Wiederaufstellung des Gehäuses auf der nun an die Westseite verlegten Orgelempore.

 

 

1973

Umlagerung auch der übrigen Orgelteile wieder in die Kirche.

 

 

1974

Reparatur des Gehäuses, Reparatur und Folierung der Prospektpfeifen im Februar.

Im August: Einbau eines neuen elektrischen Gebläses mit Schallschutzkasten und provisorische Aufstellung eines gebrauchten Magazinbalgs ins Orgelgehäuse unter den Wellenrahmen. Außerdem provisorische Abdichtung der Windladen, provisorischer Wiederanschluss der Traktur, Wiedereinbau der Pfeifen und provisorische Wiederspielbarmachung von fünf Registern (Gedact 8’, Octav 4’, Gedact 4’, Quinte 3’ und Octav 2’) durch Führer.

Später (nicht zwischen Februar und August, wie eigentlich geplant): Freilegung und Restaurierung der originalen Farbfassung von Brüstung und Orgelgehäuse durch den Restaurator Horst Icks (Bramsche).

 

 

1978

Restaurierung durch Alfred Führer (Wilhelmshaven) mit ausführlichem Restaurierungsbericht (Fritz Schild, Januar 1979): „Holzwurmbehandlung des Gehäuses, gründliche Restaurierung der gespundeten Windladen (Auseinandernehmen und neu Verleimen mit weißem Kaltleim), Neubelederung der Schleifenbahnen und Ventilböden, zusätzliche Belederung der Ventile, Erneuerung der Pulpeten (speziellen Dichtungen) und Abzugsdrähte, Überarbeitung der Diepenbrockschen Klaviatur, neue Klaviaturwangen nach dem Muster Reepsholt, Restaurierung der Pedalklaviatur und Erneuerung ihrer Anhängung nach Reepsholt, im Wellenrahmen Entfernung aller Austuchungen (danach Ausbuchsung der zu großen Löcher und Neubohrung), z. T. Erneuerung der Abstraktendrähte, neuer Winkelbalken mit den schmiedeeisernen Winkeln von 1887 auf durchgehender Messingachse, Restaurierung des Pedalwellenbretts wie beim Wellenrahmen (s. o.), Ausbessern der Achs- und Drehpunkte bei der Registermechanik (gegen das Klappern); Restaurierung des originalen Pfeifenwerks, Rekonstruktion des Bordun 16’ nach Reepsholt, Groothusen und dem Platz auf der Lade (C – gis° aus Tanne, Rest aus 25%igem Metall mit belederten Kappen), Rekonstruktion der Holzpfeifen des Gedackt 8’ (C – gis°). – Aus Kostengründen zurückgestellt wurden: Rekonstruktion der beiden Zungenregister, Wiederherstellung der Balganlage im historischen Sinne mit Ingangbringen des Tremulanten (der aber gründlich überholt und neu beledert wurde), Freilegung einer möglichen originalen Registerbeschriftung unter den jetzigen gravierten Kunststoffschildchen, bei negativem Befund neue Registerschildchen nach dem Muster Reepsholt.“

 

 

1982

Rekonstruktion der Register Trompete 8’ (nach dem Muster der Wenthin-Orgel in Reepsholt, Stiefel nach Stockbefund) und Vox humana 8’ (nach der Christian-Vater-Orgel der Oude Kerk in Amsterdam mit Bechern in Doppelkegelform und den in Backemoor genau passenden Weitendurchmessern der Hinsch-Orgel in Leens) durch Führer.

 

 

2004

Es entstehen Schäden an der Orgel durch das Eindringen des flüssigen Holzschutzmittels „Adolit-Holzwurmfrei“, das durch die Kirchendecke in das Instrument am 11.03.2004 gelangt. Bericht Martin Wurm (Neustadtgödens) über am 18. und 23.03.2004 festgestellte Schäden: „Mit der inzwischen aufgetrockneten, schmierig-klebrig(en) Flüssigkeit sind viele Pfeifen überzogen, ein kristalliner Film liegt auf Teilen der Windladenoberseite, der Raster und Pfeifenstöcke, sowie auf Wellenrahmen, Holzwellen, Lagern und sonstigen mechanischen Teilen, auf der Balgplatte und auf der Pedalklaviatur. Die Flüssigkeit ist auch in die Schleifenbahnen und in einzelne Kanzellen (Windladen-Kammern) eingedrungen. Lederdichtungen im Bereich der Holzpfeifenstöpsel, der Schleifen, der Ventile und der Spundverschlüsse, sowie Pulpeten sind mit der Flüssigkeit getränkt und danach hart geworden; ein Ventil war sogar verklebt und ließ sich nicht mehr öffnen. Das untere Aufschlagpolster der Manualklaviatur ist teilweise verhärtet. Die Manualtasten wurden an der Oberseite bereits von der Organistin gereinigt, sind aber seitlich noch mit klebrigem Film überzogen. Oxydationsspuren finden sich an Ventilfedern, Ventilleitstiften, Abzugsdrähten und Stimmkrücken der Zungenpfeifen.“

 

 

2008

Reparatur- und Restaurierungsarbeiten durch die Firma Mense Ruiter Orgelmakers B. V. (Zuidwolde/Niederlande):

I.

II.




III.

„Beseitigung aller 2004 entstandenen Schäden.

1978 aus Kostengründen zurückgestellte Maßnahmen: Einbau eines neuen Keilbalgs ins Orgeluntergehäuse; gleichzeitig Verlegung des vorhandenen Schwimmerbalgs als Vorbalg samt Motor in ein neues kleines Gehäuse an der Rückwand der Kirche; Anschluss und Wiederinbetriebnahme des originalen Tremulanten (unterhalb des neuen Balgs); Erneuerung der Tastenfrontenbeläge aus Knochen; neue effektive und zugleich dezente Spieltischbeleuchtung.

Beseitigung neu aufgetretener Mängel: geräuschmindernde Maßnahmen in der Mechanik (am Wellenrahmen); Ersatz von abgängigem Dämmmaterial durch geeigneteres; Holzwurmbekämpfung mit Defence Oil; Ersatz für zersetztes Metall an vielen kleinen Pfeifen; Erhöhung des Winddrucks nach dem Muster der Wenthin-Orgeln in Groothusen und Reepsholt auf die ermittelte, klanglich optimale Stärke von 91mmWS und entsprechende Nachintonation und Neueinstimmung des gesamten Pfeifenwerks; Umbau der Trompete mit den Kehlen der Vox humana, die den Vorbildern in der Reepsholter Orgel besser entsprachen; Neubau der Vox angelica nach dem Vorbild der Wenthin-Orgel in Nieuwolda (NL) in Form eines engmensurierten stillen Dulcians. Die Registerbeschriftungen wurden in Anlehnung an die alten, auf Gehäuse aufgemalten Registerbeschriftungen der Wenthin-Orgel in Reepsholt von Bernd Grünefeld aus Breinermoor auf Pergament geschrieben und von Restaurator Peter Furmanek aufgeklebt, der auch die Farbfassung der Spieltischseite des Orgelgehäuses ergänzte und ausbesserte.“

 


(Stand 22.04.2022; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge)