Borstel, St. Nicolai (St. Romanus)

Orgel von Johann Paul Geycke (1770/71)

Navigation: Große Seite 16, OT Borstel, 21635 Jork

Die ursprünglich „nordseits neben dem Altar“ (Inventarium von 1784) stehende Orgel aus dem 16. Jahrhundert wird im Jahr 1677 durch Arp Schnitger (Stade) umgebaut. Johann Paul Geycke (Hamburg) verlegt sie 1770/1771 auf die Westempore und versieht sie mit einer neuen „Structur“ und einem neuen Pedalwerk. Dabei übernimmt Geycke große Teile des ursprünglichen Pfeifenwerks.

Der 1848/1849 durch Philipp Furtwängler (Elze) vorgenommene Umbau (Ersatz des Brustwerks durch ein neues Hinterwerk) wird bei der Restaurierung durch die Firma Gebr. Hillebrand (Isernhagen) im Jahr 1993 rückgängig gemacht.

Im Frühjahr 2011 stellt sich heraus, dass weite Teile des wertvollen historischen Pfeifenwerks von Bleifraß befallen sind. Daraufhin muss die Orgelbauwerkstatt Hillebrand das gesamte Pfeifenwerk abtragen und restaurieren, um diese Metallkrankheit zu stoppen und damit die Orgel auf lange Sicht zu bewahren.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen in römischen Zahlen.

Disposition:

(22 / HW/BW/Ped)

Hauptwerk

Brustwerk

Pedal

 

Principal

Quintadena

Gedackt

Octava

Gedact

Nasat

Octava

Tertia

Mixtur

Trompete

8’

16’

8’

4’

4

3’

2

13/5

IV

8’

 

H

a

a

a

a/H

a/H

a/H

a/H

H

a/H

Quintadena

Flöte

Octave

Quinte

Regal

8’

4’

2’

11/3

8’

 

a/H

a/H

H

H

H

Subbass

Principal

Octava

Octava

Posaune

Trompete

Trompete

16’

8’

4’

2’

16’

8’

4’

 

a

G

S

F

H

H

H

 


Pfeifenwerk:

 

a

F

S

G

H

=

=

=

=

=

1500

1637/1638

1677

1770/1772

1993

unbekannt (16. Jhd.)

Gottfried Fritzsche

Arp Schnitger

Johann Paul Geycke

Gebr. Hillebrand

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Tonhöhe:

Stimmung:


Winddruck:

Koppeln:

Tremulant

Cymbelstern

4 Keilbälge

CD – c’’’

CD – c’

ca. 3/4Ton über normal (a’ = 474 Hz bei 16 °C)

modifiziert mitteltönig? (in den Akten steht: „Stimmung nach Grasberg“; dort: Schnitger-Orgel nach Neidthart III)

76mmWS

Manualschiebekoppel


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1550

Die ursprüngliche Orgel wird vermutlich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gebaut. Das Instrument steht „nordseits neben dem Altar“ (Inventarium von 1784). Aufgrund der Bauweise der Pfeifen aus dieser Zeit kann auf einen Orgelbauer aus der Hamburger Schule von Scherer oder Fritzsche geschlossen werden.

 

 

1584

Die folgende Zahlung ist für das Jahr 1584 überliefert: „Dat orgelwerck rhenoueren belgen nigh (neu) tobelegende, und sunst wath daranne tobrack (zerbrochen) M(eister) Matzen 63 mk und den Knechten 3 mk to behrgelde (Biergeld) gegeuen… M. Matz sine Instrumenta von Buxtehude gehalet vii ß (Schillinge) geuen“. (M. Matz = Matthias Mahn).

 

 

1616/17

Hans Bockelmann d. J. (Lüneburg) arbeitet an der Orgel.

 

 

1637/38

Eine Reparatur durch Gottfried Fritzsche (Hamburg) ist bezeugt.

 

 

1677

Mit Arp Schnitger wird am 06. Mai 1677 ein Kontrakt zum Umbau der Orgel abgeschlossen. Aus diesem Kontrakt geht hervor, dass die Orgel aus Hauptwerk, Brustwerk und Pedal besteht. Schnitger überholt Bälge, Kanäle und Windladen, stellt die Trompete 8’ im Hauptwerk wieder her und fertigt neue Klaviaturen mit Manualkoppel an. Anstelle der Cimbel im Hauptwerk baut Schnitger eine Octav 2’ und im Pedal für die Bauernflöte 2’ eine Octav 4’ ein.

 

 

1766

Johann Paul Geycke aus Hamburg arbeitet an der Orgel. Seine Reparaturarbeiten beziehen sich auf Bälge, Kanäle, Windladen, Mechanik, Klaviaturen, Tremulant, und Zungenstimmen.

 

 

1770/71

Das Kircheninnere wird umgestaltet. Geycke wird beauftragt, die gesamte Orgel umzubauen und auf die Westempore zu verlegen. Das Instrument bekommt ein neues Gehäuse. Außerdem beinhalten die Arbeiten zwei zusätzliche Bälge, neue Kanäle, zwei neue Pedalladen, eine neue Mechanik, eine neue Posaune 16’ und Octav 8’ im Pedal. Cornet 2’ (Pedal) wird zur Trompete 4’ umgestellt. Der Principal 8’ im Hauptwerk wird foliert und die Brustwerk-Türen erhalten folierte Blindpfeifen. Alle Werke erhalten ein Ventil und die Zimbelsterne werden in den Basstürmen angebracht.

 

 

1808

Georg Wilhelm aus Stade führt eine Reparatur an der Orgel durch.

 

 

1830

Für die Orgel ist in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts folgende Disposition durch Renken mitgeteilt:


Disposition:

(originale Schreibweise)

Hauptwerk

Brustwerk

Pedal

 

Principal

Quintadena

Gedackt

Octava

Nasat

Quinte

Mixtur

Trompete

8’

16’

8’

4’

3’

11/3

III–IV

8’

 

Quintadena

Flöte

Octave

Quinte

Regal

8’

4’

2’

11/3

8’

 

Subbass

Principal

Octava

Octava

Posaune

Trompete

Trompete

16’

8’

4’

2’

16’

8’

4’

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

2 Zimbelsterne

Tremulant

3 Ventile

6 Bälge

CDEFG – c’’’

CDE – c’

 


1848
49


Durchgreifender Umbau durch Philipp Furtwängler (Elze). Die Arbeiten enthalten den Bau eines ganz neuen Hinterwerks statt des Brustwerks, den Bau neuer Windladen, Klaviaturen und Spieltraktur. Das Pfeifenwerk wird umintoniert.

 

 

1857

Furtwängler führt eine „Generalstimmung“ durch. Die Disposition der Orgel lautet bis zu Beginn der Restaurierungsmaßnahmen, die 1993 zu Ende gehen:


Disposition:

(originale Schreibweise)

Hauptwerk

Hinterwerk

Pedal

 

Principal

Bordun

Gedackt

Octava

Gedact

Nasat

Octava

Tertia

Mixtur

Trompete

8’

16’

8’

4’

4’

3’

2’

13/5

III

8’

 

Spitzflöte

Dolce-Flöte

Gamba

Gedactflöte

Gemshorn

Flageolet

8’

8’

8’

4’

4’

2’

 

Subbass

Principal

Violon

Octava

Gedact

Posaune

16’

8’

8’

4’

4’

16’

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Tonhöhe:

Koppeln:

Glockenspiel

Calcantenzug

4 Bälge

CD – c’’’

CD – c’
3/4Ton über normal

Manualkoppel

 


1993


Eine umfassende Restaurierung der Orgel durch die Firma Gebr. Hillebrand (Altwarmbüchen) wird abgeschlossen. Das Instrument wird – soweit möglich – in seinen ursprünglichen Zustand (18. Jahrhundert) zurückversetzt.

 

 

2011

Bleifraß wird an der Orgel entdeckt, weshalb das gesamte Pfeifenwerk von der Orgelbauwerkstatt Hillebrand abgetragen und restauriert werden muss.

 


(Stand 01.02.2022)