Bardowick, Dom St. Peter und Paul

Orgel der Firma Alexander Schuke (2012) im historischen Gehäuse von Philipp Furtwängler (1867)

Navigation: Beim Dom, 21357 Bardowick

Der Dom zu Bardowick – eine gotische Hallenkirche aus dem 15. Jahrhundert – ist eines der schönsten Kirchengebäude in Norddeutschland. Er blickt auf eine der längsten kirchenmusikalischen Traditionen Norddeutschlands zurück. Sie beginnt um das Jahr 799 in der dem heiligen Petrus geweihten, ersten Kirche von Bardowick. Die erste Orgel wird bereits 1322 erwähnt und stammt von einem unbekannten Meister.

Das heutige Instrument im Dom ist das Ergebnis eines umfassenden und lange geplanten Neubau-Konzepts der Klosterkammer Hannover in Zusammenarbeit mit der ev.-luth. Domgemeinde Bardowick. Der Orgelneubau findet unter der Verwendung der historischen Empore im Westen des Doms und Furtwängler-Prospekts (der künstlerischen, verzierten Vorderseite der Orgel) von 1867 statt. Nach eingehender Beratung zwischen dem Orgelsachverständigen der Klosterkammer, Professor Harald Vogel, sowie dem Domkantorrat, entschließen sich die Klosterkammer und Domgemeinde zum Neubau einer konzeptionellen Rekonstruktion im Stil einer mitteldeutschen Stadtkirchen-Orgel mit drei Manualen und 46 Registern.

Hinter der Planung des Bauvorhabens steht der Wunsch nach einem Instrument, das sich gut für die Darstellung der Orgelmusik von Johann Sebastian Bach eignet, aber gleichzeitig die Interpretation von anderen Stilbereichen des Orgelrepertoires zulässt und die Anforderungen des gottesdienstlichen Orgelspiels in Bardowick erfüllt. Der Dom zu Bardowick bietet die idealen Voraussetzungen für eine Orgel diesen Typus' auf der Grundlage der Bauweise von Trost und Hildebrandt. Der bestehende Prospekt aus dem 19. Jahrhundert erlaubt eine Raumdisposition der Orgel, die alle Elemente des mitteldeutschen Stils der Bachzeit enthalten kann. Die Akustik ist hervorragend und erlaubt die angemessene klangliche Entfaltung sowohl der monumentalen Spätwerke als auch der eher kammermusikalisch-orientierten Werke Bachs und seiner Schule.

Die Einweihung der neuen Orgel des Bardowicker Doms findet schließlich am 15. Januar 2012 statt. Insgesamt kann von einer großen Bereicherung der ohnehin schon reichen norddeutschen Orgellandschaft um ein weiteres hervorragendes Instrument gesprochen werden, das trotz seiner formalen Einordnung in das späte Orgelbarock eine enorme interpretatorische Bandbreite besitzt. Aus diesem Grund lässt sich dieses Projekt auch gut in die Orgellandschaft zwischen Hamburg und Lüneburg einbinden.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(45 / III/Ped)

Hauptwerk

Oberwerk

Brustwerk

 

Groß Quintaden

Principal

Bordun

Gemshorn

Viola di Gamba

Octava

Rohrfloit

Quinta

Superoctava

Sesquialtera

Mixtur

Scharff

Fagott

Trompete

16

8

8

8

8

4

4

3

2

2f.

5f.

3f.

16

8

 

Geigenprincipal

Lieblich Gedackt

Fagar

Hohlfloit

Octava

Flaute douce

Nassat

Waldfloit

Cornett

Mixtur

Hoboa

8

8

8

8

4

(2f.) 4

3

2

5f.

4–5f.

8

 









ab c'

Gedackt

Nachthorn

Principal

Gemshorn

Quinta

Octava

Tertia

Siffloit

Superoctava

Mixtur

8

8

4

4

3

2

13/5

11/3

1

4f.

 


Pedal


(Pedal)

 

Principalbass

Violonbass

Subbass

Quinta

Octavenbass

16

16

16

12

8

 

Bassfloit

Octava

Posaune

Trompete

Trompete

8

4

16

8

4

 

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:
Pedalumfang:

Winddruck:

Stimmung:

Gehäuse:

Kastenbalganlage:

Koppeln:

2 Tremulanten:
Glockenspiel:

Cymbelstern
Vogelgeschrei
Kuckuck

C – f'''

C – f'

83mmWS

wohltemperiert (Kellner-Bach)

Furtwängler (1867)

Furtwängler (1867)

BW/HW, OW/HW, HW/Ped

OW und BW

ab c' , von dem OW aus spielbar


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1322

Erste Erwähnung einer Orgel im Dom zu Bardowick. Musikwissenschaftler gehen allerdings davon aus, dass aufgrund der Bedeutung des Ortes als Handelsplatz, bereits vor dieser Orgel ein gotisches „Blockwerk“ vorhanden gewesen ist.

 

 

1388

Vikar Johannes Edendorp vermacht dem Domstift testamentarisch eine Pfanne Salz zur Reparatur der maroden Orgel.

 

 

1487

Bei der großen Renovierung des Doms wird eine neue Orgel eingebaut. Über die Größe und den Umfang dieses Instruments ist allerdings nichts bekannt. Es wird vermutet, dass es auf dem Lettner (eine architektonische Abtrennung in der Kirche) gestanden haben muss. In diesem Zusammenhang fällt der Name eines Orgelmachers „Schmeding“, aber auch über diesen ist nichts Näheres bekannt.

 

 

1561

Nach Pfingsten wird die Orgel von dem berühmten Hamburger Orgelmacher Jacob Scherer gründlich repariert und mit einem Prospekt dieser Zeit versehen. Ein Jahr später wird dieses Instrument „in gutem Stande“ wieder übergeben.

 

 

1627

Die Domorgel fällt durch Kriegswirren des Dreißigjährigen Krieges den Flammen zum Opfer.

 

 

1630

Am vierten Advent 1630 wird eine neue Orgel durch Superintendent Melchior Caspar Triccius mit einer Predigt über Psalm 98, Vers 6 und 7 feierlich eingeweiht.

 

 

1842

Die bereits seit längerem stillgelegte Orgel wird aus dem Dom entfernt.

 

 

1850

Das Stiftsvermögen St. Petri et Pauli, Bardowick wird dem allgemeinen Klosterfonds (heute: der Klosterkammer) zugeschlagen. Die Klosterkammer ist somit Eigentümerin des Doms.

 

 

1868

Eine neue mechanische Orgel wird durch den Elzer Orgelbauer Philipp Furtwängler erbaut. Dieses ist das letzte Orgelwerk von Philipp Furtwängler. Der prächtige neogotische Prospekt wird der Ausstattung des Hauptschiffes angepasst. Die Disposition entspricht dem Zeitgeschmack:


Disposition:

(originale Schreibweise)

Hauptwerk  C – f'''

Hinterwerk  C – f'''

Pedal  C –d'

 

Principal

Bordun

Principal

Gemshorn

Hohlflöte

Quintadena

Quinte

Oktave

Rohrflöte

Oktave

Mixtur

Trompete

16

16

8

8

8

8

51/3

4

4

2

4f.

8

 

Gedackt

Principal

Gambe

Salicional

Gedackt

Oktave

Spitzflöte

Waldflöte

Mixtur

16

8

8

8

8

4

4

2

3f.

 

Principal

Subbaß

Quinte

Bordun

Violon

Basso minore

Oktave

Posaune

Trompete

16

16

102/3

8

8

8

4

16

8

 


Technische Angaben:

 

Nebenzüge:

HaW/HiW, Ped/HaW

 


1951


Die Furtwängler-Orgel wird durch die Nachfolgefirma Hammer-Orgelbau dem Geschmack der Zeit entsprechend zu einem neobarocken Instrument umgestaltet. Das Pfeifenmaterial wird – wie in dieser Zeit üblich – auf eine Weise umgearbeitet, dass es jeden historischen Wert einbüßen muss. Dieser Umbau wird vom landeskirchlichen Orgelrevisor Alfred Hoppe (Verden/Aller) begleitet.

 

 

1964

Der Umbau wird durch den Einbau vier neuer Zungenstimmen der Firma Giesecke abgeschlossen:


Disposition:

(originale Schreibweise)

Hauptwerk  C – f'''

Hinterwerk  C – f'''

Pedal  C – d'

 

Quintadena

Principal

Gedackt

Oktave

Rohrflöte

Quinte

Nasat

Oktave

Nachthorn

Mixtur

Terzzimbel

Trompete

16

8

8

4

4

22/3

22/3

2

2

4–8f.

3f.

16

 

Gedackt

Principal

Gemshorn

Oktave

Blockflöte

Quinte

Sesquialter

Scharf

Quintzimbel

Dulcian

8

4

4

2

2

11/3

2f.

4–6f.

3f.

8

 

Principal

Subbaß

Oktave

Bordun

Oktave

Rauschpfeife

Mixtur

Posaune

Trompete

16

16

8

8

4

3f.

5f.

16

8

 


Technische Angaben:

 

Nebenzüge:

Koppeln:

HaW/OW

keine Pedalkoppel!

 


1992


Ab 1992 treten immer wieder teils sehr gravierende Schäden auf, die eine Spielsicherheit nahezu ausschließen. Im gleichen Jahr wird durch den kirchlichen Orgelrevisor im Rahmen der landeskirchlichen Visitation die
„Abgängigkeit“ attestiert und ein Neubau empfohlen.

 

 

2006

Erste Planungen beginnen auf Vorschlag der Domgemeinde, die neue Domorgel als Bach-Orgel zu konzipieren. Es findet eine Bereisung Mitteldeutschlands statt. Unter anderem von Waltershausen, Naumburg, Altenburg und Erfurt.

 

 

2007

Beschluss über den Orgelneubau gemäß der Projektierung von Professor Harald Vogel. Bereisung verschiedener Orgelbaufirmen.

 

 

2009

Ausschreibung des Projekts und Einholung der Kostenvoranschläge verschiedener Orgelbaufirmen.

 

 

2010

Im März wird die Auftragserteilung zum Bau der Domorgel durch die Klosterkammer der brandenburgischen Orgelbaufirma Alexander Schuke zugeschlagen. Laut Disposition verteilen sich 45 Register auf III Manualwerke und Pedal.

 

 

2012

Einweihung der neuen Orgel am 15. Januar 2012.

 


(Stand 12.02.2020; Literatur und Quellen: http://www.kirche-bardowick.de/kirchenmusik/5/63-orgelbau-projekt.html, Abrufdatum 11.02.2011; Programm des Einweihungskonzertes/der Orgelvorstellung); http://www.kirche-bardowick.de/kirchenmusik/5/64-orgelbau-geschichte.html, Abrufdatum 11.02.2011)

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