Orgel von Gerhard von Holy (1710/11)
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In der Dornumer St.-Bartholomäus-Kirche steht die größte noch erhaltene Orgel des ostfriesischen Orgelbauers Gerhard von Holy. Sie ist zugleich die zweitgrößte historische Orgel Ostfrieslands. Im Jahr 1710/1711 wird sie erbaut und noch während der Bauzeit von der Südseite der Kirche an die Westseite verlegt und um ein Brustwerk und ein selbständiges Pedal erweitert. Sechs Register (Pfeifenreihen) stammen noch aus der Vorgängerorgel, die der Überlieferung nach um 1530 aus der Klosterkirche zu Marienkamp bei Esens nach Dornum gelangen.
Im Rahmen einer Anpassung an den Zeitgeschmack gehen 1883/1884 sieben Originalregister und die originalen Klaviaturen und Registerzüge verloren. Weitere drei Register müssen 1917 bei der Ablieferung der Prospektpfeifen für die Kriegsrüstung aufgegeben werden. Ein erster, wenn auch unvollkommener Ersatz für die verlorengegangenen Register wird 1932 und 1935 bis 1937 geschaffen. Nach einigen Bau- und Heizungsschäden in den 60er Jahren verfällt die Orgel jedoch immer mehr, bis sie einen äußerst beklagenswerten Zustand erreicht. Schließlich kommt es 1997/1998 zur umfassenden Restaurierung des Instruments durch die Orgelbauwerkstatt Jürgen Ahrend (Leer-Loga), die dem mittlerweile als nationales Denkmal anerkannten Kunstwerk seine alte Klangpracht zurückgibt.
Anm.: originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).
Disposition:
(32 / RP/HW/BW/Ped)
Rückpositiv I | Hauptwerk II | Brustwerk III | |||||||||||
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Principaal Quintaden Gedact Fleute Octave Fleute Quinte Sesquialter Mixtuur Dulcian | 4’ 8’ 8’ 4’ 2’ 2’ 11/2’ 2f. 3f. 8’ |
| r (P) * o, H o, H o * o r r o | Principaal Quintaden Gedact Octave Rohrfleute Nashorn Octave Mixtuur Trompete Vox humana | 8’ 16’ 8’ 4’ 4’ 3’ 2’ 4–6f. 8’ 8’ |
| r (P) r * * * o * r r r | Gedact Fleute Octave Tertian Cymbel Krumhorn | 8’ 4’ 2’ 2f. 3f. 8’ |
| o, H o, H o r r r | ||
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Principaal Octave Octave | 16’ 8’ 4’ |
| r (P) o o | Mixtuur Posaune Trompete | 6f. 16’ 8’ |
| o o o | ||||||
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(P) H
o r | = =
= = | Principaal 4’, 8’ und 16’ Material
1710/1711 1997/1998 | Prospekt Holz
Gerhard von Holy (original) Jürgen Ahrend (restauriert, rekonstruiert) | ||||||||||
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Manualumfang: Pedalumfang: Winddruck: Tonhöhe: Stimmung: Koppeln: Balganlage mit 5 Keilbälgen: 2 Sperrventile: Tremulant: | CDEFGA – c''' CDE – d' 69mmWS Chorton (a' = 479 Hz bei 18 °C): o erweitert mitteltönig: r Schiebekoppel BW/HW: r o r r |
Bau-/Restaurierungsgeschichte
1530 | Die erste Orgel stammt der Überlieferung nach aus der Klosterkirche zu Marienkamp bei Esens („olde Kloster“) und gelangt um das Jahr 1530 mit der Aufhebung des Klosters nach Dornum. Sie hat ihren Platz an der Südseite der Kirche. |
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1710/11 | Gerhard von Holy baut eine neue Orgel [belegt durch das Zeugnis des Patrons der Dornumer Kirche und Landdrosts zu Jever – Haro Joachim von Closter – über Gerhard von Holys Orgelbautätigkeit in Jever und Dornum vom 22. Januar 1771 und durch Inschriften auf dem Posaunenbecher des Tons A und in den Bälgen]. Zunächst wird das Instrument mit Hauptwerk und Rückpositiv unter Wiederverwendung mehrerer Register aus der Vorgängerorgel errichtet. Laut Abnahme-„Attestatum“ der Organisten Johann Jacob Druckenmüller (Norden) und Adrian Bohlen (Jever) vom 18. Dezember 1711 verlegt er die Orgel noch im selben Jahr von der Südseite an die Westseite der Kirche und vergrößert sie um ein selbständiges Pedal – offenbar auch um das eindeutig nachträglich hinzugefügte Brustwerk. Dem „redlichen Meister“ wird die „untadelige und kontraktgemäße Arbeit“ bescheinigt. |
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1764/65 | Renovierung durch Hinrich Just Müller (Wittmund). [Im Inventarium von 1765 heißt es: „In der Kirche befindet sich ein schönes Orgel Werck von 32. Stimmen, von 3. Clavier, und einem a parten Pedal, worinnen sich die durch dringende Posaune a 16. Fuß hören läßt. Ao 1764. ist diese Orgel durch eine kostbare reparation von dem Orgel Bauer Mstr: Müller in gutem Stande gebracht.“] |
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1836 | Reparatur der Klaviaturen durch Arnold Rohlfs (Esens). |
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1842 | Renovierung der Orgel durch Gerd Sieben Janssen (Aurich). |
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1859 | Belederung der Bälge durch die Firma Gebr. Rohlfs (Esens). |
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1883/84 | Reparatur und Umbau durch Johann Diepenbrock (Norden) mit dem Einbau neuer, dem Zeitgeschmack entsprechender Register (unter Aufgabe von sieben Originalregistern), neuer Klaviaturen, neuer Registergriffe, eines vorgebauten Spielschrankes und eines elektrischen Gebläses. |
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1917 | Ablieferung der Prospektpfeifen (Prinzipale von Rückpositiv, Hauptwerk und Pedal = drei Register) für die Kriegsrüstung. |
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1932 | Ersatz der abgelieferten Pfeifen in Zink. |
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1935–37 | Wiederherstellung der Orgel nach dem Plan von Christhard Mahrenholz durch die Firma Furtwängler & Hammer (Hannover): dabei Wiederherstellung der ursprünglichen Disposition mit Hilfe von neuen (fabrikmäßig hergestellten) Pfeifen. Außerdem teilweise Erneuerung der Traktur und der Klaviaturen. |
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1952 | Die Orgel wird vom Landeskirchenamt unter Denkmalschutz gestellt. |
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1960 | Starke Verschmutzung des Orgelinneren durch Kirchenbauarbeiten. |
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1965/66 | Starke Risse in den Holzteilen durch die neue Warmluftumwälzheizung. |
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1969 | Reparatur der schlimmsten Heizungsschäden durch Alfred Führer (Wilhelmshaven). |
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1980 | Ausbau der umknickenden Posaunen- und Trompetenbecher der Pedaltürme (weil sie schief stehen) durch Alfred Führer. |
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1992 | Ausbau der Balganlage wegen der teilweiser Abtragung des Westgiebels. Der Kirchenvorstand beschließt im Grundsatz die Restaurierung der Orgel. |
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1994 | Rahmenplan des Orgelsachverständigenausschusses zur Orgel-Restaurierung. Kostenanschläge von vier internationalen Orgelbauwerkstätten – der Kirchenvorstand beschließt, Jürgen Ahrend zu beauftragen. Gründung des Förderkreises zur Rettung der Holy-Orgel. |
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1995 | Vertrag mit der Orgelbauwerkstatt Jürgen Ahrend (Leer-Loga) über die Restaurierung der Orgel. |
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1997/98 | Umfassende Restaurierung der Orgel durch die Orgelbauwerkstatt Jürgen Ahrend (Leer-Loga): Reparatur aller noch originalen Teile, die schadhaft sind – besonders der Gehäuse, die wegen der vorne abgesackten Empore und Verankerung der Gehäuseoberteile nach hinten in sich unterschiedlich schief stehen. Restauriert werden auch deren Profilkränze, die in einzelne Segmente zerfallen und vielfach nur noch durch die Farbschichten provisorisch zusammengehalten werden. Restaurierung aller veränderten Originalteile und Rekonstruktion aller nicht mehr original vorhandenen Teile – wie der gesamten Spieltischanlage, Teile der Traktur und elf Register einschließlich der Prospektpfeifen. Einstimmung des Pfeifenwerks in einer der Erbauungszeit entsprechenden, in den gebräuchlichen Tonarten besonders reinen, erweitert mitteltönigen Temperatur. |
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1999 | Wiedereinweihung der Orgel am 17.01.1999. |
(Stand 28.04.2022; Literatur und Quellen: Reinhard Ruge)