Hamelwörden, St. Dionys

Orgel von Georg Wilhelm (1843), restauriert und rekonstruiert von A. Schuke (1999/2005)

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In Hamelwörden stellt Georg Wilhelm (Stade) im Jahr 1843 eine Orgel mit zwei Manualen, Pedal und 16 Registern auf. Diese Orgel löst ein älteres Instrument ab, das von 1565 durch viele Umbauten diverser Orgelbauer verändert wird. Die Wilhelm-Orgel wird mit der Zeit stark verändert. Schließlich bleiben bei einem Umbau der Orgel durch die Firma Furtwängler & Hammer 1934 nur noch das Gehäuse, die Prospektpfeifen, ein 2’ Register und die Windladen erhalten. Jedoch kommt es zur Rekonstruktion der Wilhelm-Orgel durch die Firma A. Schuke (Potsdam). Sie wird in zwei Bauabschnitten durchgeführt, die 1999 und 2005 fertiggestellt werden. Nur noch die Ergänzung der Farbfassung erfolgt 2009.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen: z. B. 3fach (3f.).

Disposition:

(16 / HW/Pos/Ped)

Hauptwerk

Positiv

Pedal

 

Prinzipal

Bordun

Rohrflöte

Octave

Octave

Mixtur

8

16

8

4

2

4f.

 

* (P, orig.)

* (ab G)

*

*

* (orig.)

*

Gedact

Viola de Gambe

Octave

Spitzflöte

Flageolet

8

8

4

4

2

 

+

+

+

+

+

Subbaß

Octavbaß

Bordun

Octavbaß

Vagott

16’

8’

8’

4’

16’

 

*

+

+

+

+

 


Pfeifenwerk:

 

*

+

=

=

1999

2005

fertiggestellt im ersten Bauabschnitt

fertiggestellt im zweiten Bauabschnitt

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Winddruck:

Tonhöhe:

Stimmung:

Gehäuse:

Koppeln:

Ventile:

Regierwerk:

Windladen:

Tremulant:

CD – d’’’

C – c

68mmWS

Octave 4 a° = 465, 15 Hz bei 15, 3 °C

ungleichschwebend nach Georg Andreas Sorge 1764

original

Manualkoppel

für alle drei Werke

z. T. Original

original

neu, nicht in Wilhelms Konzept


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1565

Es wird erwähnt, dass „die Orgell von einem Orgellmacher von Geverstorff renoviert und verbessert worden“ ist. Dieses Instrument steht an der nördlichen Seite des Altarraumes der Kirche und besitzt kein eigenes Pedal.

 

 

1587

Eine Reparatur wird an der Orgel von einem „Orgellmacher aus Stade“ durchgeführt.

 

 

1607

Eine Reparatur wird an der Orgel von „Antonii“ durchgeführt. Hierbei könnte es sich um Antonius Wilde aus Otterndorf handeln.

 

 

1766

Das Instrument wird durch Johann Daniel Busch für „etwa 630 thl“ (Reichstaler) erweitert. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um den Neubau eines eigenständigen Pedals.

 

 

1798

Dass es bei der Erweiterung um ein eigenständiges Pedal geht, ist aus einem Kostenvoranschlag vom 18. August 1798 von Georg Wilhelm Wilhelmy (Stade) – dem Vater Georg Wilhelms – zu entnehmen. Demnach hat die Orgel zu jener Zeit zwei Manuale und Pedal.

 

 

1841

Der hannoversche Hoforgelbauer Ernst Wilhelm Meyer schreibt am 12. September 1841 einen Kostenvoranschlag für eine neue Orgel. Zu den Kosten heißt es: „Dieses Orgelwerk kostet inclusive Transport 1129 (?) Courant.“

 

 

1842

Der Kostenvoranschlag Georg Wilhelms stammt vom 02. April 1842. Die Kostenvoranschläge von Ernst Wilhelm Meyer und Georg Wilhelm sind in ihrem Wortlaut nahezu identisch. Allerdings enthält das Angebot von Wilhelm keine Angaben zu den Kosten. Schließlich wird noch im selben Monat ein Kontrakt zum Bau einer neuen Orgel mit Georg Wilhelm geschlossen.

 

 

1843

Wilhelm errichtet die Orgel auf einer neuen Westempore. An dem Orgelneubau soll Wilhelms Geselle Johann Christian Kück beteiligt gewesen sein. Kück behauptet später, dass er die Orgeln in Hamelwörden und Neuenkirchen/Amt Blumenthal (heute Elmlohe) selbstständig gebaut habe, was aber höchst zweifelhaft erscheint. Der orgelkundige Pastor Wiedemann aus Twielenfleth vermerkt in einem Gutachten für den geplanten Orgelneubau in Krautsand, dass er Kück gegenüber misstrauisch sei, „weil er den Schein der Christlichkeit vor sich herträgt“. Im Kostenvoranschlag und dem Abnahmebericht Wiedemanns vom 30. November 1843 ist die Disposition der neuen Wilhelm-Orgel zu entnehmen:


Disposition:

(originale Schreibweise)

I. Clavier

II. Manual

Pedal

 

Principal

Bourdun

Rohrflöte

Octave

Octave

Mixtur

8’

16’

8’

4’

2’

4f.

 

Gedact

Viola de Gambe

Spitzflöte

Octave

Flageolet

8’

8’

4’

4’

2’

 

Subbaß

Octavbaß

Bordun

Octavbaß

Posaune

16’

8’

8’

4’

16’

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Tonhöhe:

„Einstimmung“:

Koppeln:

3 Ventile

3 Keilbälge

CD – d’’’

C – c’

„Cammerton”

nach „einer guten temperatur”

Manualkoppel

 


1919


Die Firma P. Furtwängler & E. Hammer geben ein Gutachten über die Orgel ab. Daraus geht hervor, dass das Pedal zu der Zeit bereits eine veränderte Disposition besitzt:


Disposition:

(originale Schreibweise)

I. Clavier

II. Manual

Pedal

 

Principal

Bourdun

Rohrflöte

Octave

Octave

Mixtur

8’

16’

8’

4’

2’

4f.

 

Gedact

Viola de Gambe

Spitzflöte

Octave

Flageolet

8’

8’

4’

4’

2’

 

Subbaß

Oboe

Bordun

Octavbaß

Fagott

16’

8’

8’

4’

16’

 


1934


Bei einem Orgelneubau durch die Firma Furtwängler & Hammer (Hannover) wird der Prospekt einschließlich des Prospektprincipals, der Schleifladen und einer 2’-Pfeifenreihe erhalten. Allerdings werden die Windladen Wilhelms auf pneumatische Steuerung umgestaltet. Die Registermechanik wird mechanisch gestaltet. Ebenfalls werden noch drei der vier Keilbälge Wilhelms verwendet. Für die Zusatztöne cis’’’ bis g’’’ in den Manualen und cis’ bis f’ im Pedal werden pneumatisch gesteuerte Zusatzladen gebaut. Das neue Pfeifenwerk wird aus Zink und zum Teil aus wenig geeignetem Holz hergestellt.

 

 

1960

Die alten Keilbälge werden entfernt und Magazinbälge für den Spiel- und Pfeifenwind in die Orgel gebaut. Die Disposition der Orgel von Furtwängler & Hammer lautet:


Disposition:

(originale Schreibweise)

Hauptwerk

Oberwerk

Pedal

 

Prinzipal

Quintade

Rohrflöte

Oktav

Spitzflöte

Mixtur

8’

16’

8’

4’

2’

3–4f.

 

alt

Gedackt

Salizet

Prinzipal

Blockflöte

Terzian

Oktav

8’

8’

4’

4’

2f.

2’

 



 

 

alt

Subbaß

Oktav

Gedackt

Oktav

Liebl. Posaune

16’

8’

8’

4’

16’

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

„Spielwinddruck“:

Tonhöhe:

Stimmung:

Koppeln:

C – g’’’

C – f’

104mmWS

„normal“

gleichstufig

Manualkoppel, Pedalkoppeln an I und II

 


1996


Es beginnen intensive Anstrengungen der Gemeinde Hamelwörden, einen Orgelneubau zu realisieren. Der Grund dafür ist, dass die Funktion und der Klang der Orgel von der Firma Furtwängler & Hammer vermehrt Anlass zur Klage bringt. Eine Überarbeitung der Orgel von 1934 kommt nicht in Frage, da die Qualität der verwendeten Materialien und die Verarbeitung dieser derart unbefriedigend ist, dass kein besonders gutes Ergebnis bei einer Überarbeitung der Orgel zu erwarten ist.

Stattdessen überzeugt alle beteiligten Personen das Konzept Wilhelms, das verbliebene historische Material als Ausgangslage für eine Rekonstruktion der Orgel zu verwenden. So wird der Plan gefasst, einen Neubau auf der Grundlage der Wilhelm-Orgel zu realisieren. Es werden drei Kostenangebote zur Rekonstruktion der Wilhelm-Orgel eingeholt, bevor die Orgelbauwerkstatt A. Schuke/Potsdam den Zuschlag bekommt.

Den Arbeiten geht eine intensive Vorarbeit voraus, bei der die bestehenden Wilhelm-Orgeln in Kehdingbruch, Oerel, Steinau und Elmlohe besucht und untersucht werden. Aus diesen Instrumenten können viele Erkenntnisse und wichtige Details für die Rekonstruktion der Hamelwördener Orgel gewonnen werden. Der Bau der Orgel soll in zwei Bauabschnitten durchgeführt werden.

 

 

1999

Fertigstellung und Einweihung des ersten Bauabschnitts, in dem die Restaurierung der Windladen und des historischen Pfeifenwerks geplant wird, weiterhin die Rekonstruktion der Balganlage, der Spiel- und Registermechanik, der Ergänzung des Gehäuses und des fehlenden Pfeifenwerks im Hauptwerk. Im Pedal wird zunächst nur der Subbass 16’ realisiert.

Eine Überraschung ist, dass die historischen Pfeifen der Octave 2’ nicht nur aus einem Register bestehen. Die 2’-Pfeifenreihe enthält neben den 2’-Pfeifen der Octave auch Pfeifen der alten Viola da Gamba, sodass für dieses Register nun eine Mensur zur Rekonstruktion existiert. Eine Viola da Gamba befindet sich in keiner anderen Wilhelm-Orgel.

In Wilhelms Kostenvoranschlag ist im Pedal eine Posaune 16’ vorgesehen. Bei den Vorarbeiten zum zweiten Bauabschnitt wird deutlich, dass der Platz auf der Pedalwindlade für eine Posaune nicht ausreichen würde. Spätere Dispositionsaufzeichnungen weisen hier schon ein Fagott 16’ aus, sodass davon ausgegangen werden kann, dass Wilhelm bereits bei der Ausführung seiner neuen Orgel für Hamelwörden ein 16-füßiges Zungenregister mit Fagott-Mensur baut.

 

 

2005

Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts, dessen Arbeiten ebenfalls durch die Firma A. Schuke ausgeführt werden. Die Orgel wird somit vervollständigt.

 

 

2009

Als letzter Schritt wird die Vermalung des Orgelgehäuses realisiert.

 


(Stand 14.02.2022; Literatur und Quellen: Golon, Peter: Historische Orgeln im Landkreis Stade, Stade, 1983; Orgelakten der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, Akten des Orgelsachverständigen Martin Böcker (Stade)

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