Neuenfelde, St. Pankratius

Orgel von Arp Schnitger (1688)

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Die Neuenfelder Orgel wird in den Jahren von 1682 bis 1688 von Arp Schnitger mit 34 Registern auf Oberwerk, Rückpositiv und Pedal als seine größte zweimanualige Orgel erbaut. Schnitger heiratet 1684 eine Neuenfelderin, lebt dort von 1705 bis zu seinem Tod 1719 und wird in der Kirche auch begraben. Die Orgel wird 1750 durch Jakob Albrecht (Lamstedt) leicht verändert und im 19. Jahrhundert erfolgen Eingriffe durch den Orgelbauer Röver (Stade).

Hans Henny Jahnn leitet 1926 eine erste Restaurierung durch Karl Kemper (Lübeck) und 1938 schließt Paul Ott (Göttingen) eine weitere Restaurierungsphase ab. Rudolf v. Beckerath (Hamburg) beseitigt 1951 leichte Kriegsschäden. Weitere Arbeiten durch Ott erfolgen 1955 und 1978.

Die Orgel wird schließlich von der Werkstatt Kristian Wegscheider (Dresden) restauriert und im Juni 2017 wieder eingeweiht. Die Windladen, Balganlage, das Gehäuse, der größte Teil der Spielanlage und 16 Register gehen auf Schnitger zurück.


Anm.:
originale Schreibweise der Register in der Einheit Fuß (’).
Anzahl der Pfeifenreihen gemischter Stimmen in römischen Zahlen.

Disposition:

(34 / HW/RP/Ped)

Oberwerk

Rückpositiv

Pedal

 

Quintadena

Principal

Rohrflöte

Octave

Spitzflöte

Nasat

Octave

Spielflöte

Rauschpfeife

Mixtur

Zimbel

Trompete

Krummhorn

16

8

8

4

4

3

2

2

II

V–VI

III

8

8

 

Gedackt

Quintadena

Principal

Blockflöte

Quintflöte

Octave

Sifflöte

Sesquialtera

Terzian

Scharf

Trechterregal

8

8

4

4

3

2

11/2

II

II

IV–VI

8

 

Principal

Octave

Octave

Flöte

Nachthorn

Rauschpfeife

Mixtur

Posaune

Trompete

Cornet

16

8

4

4

2

II

V

16

8

2

 


Technische Angaben:

 

Manualumfang:

Pedalumfang:

Koppeln:

Zimbelstern

Tremulant

C, D, E, F, G, A – c''' (kurze Oktave)

C, D, E – d'

Manualschiebekoppel


Bau-/Restaurierungsgeschichte

1682

Im Dezember wird die Neuenfelder Kirche nach nur siebeneinhalb Monaten Bauzeit auf dem Platz des Vorgängerbaus fertiggestellt.

 

 

1683

Schnitger hat zunächst nur die Aufgabe, die Orgel der alten Kirche in der neuen wieder aufzustellen, erhält aber außerdem den Auftrag für einen Neubau.

 

 

1688

Die neue Orgel wird mit 34 Registern auf zwei Manualen und Pedal fertiggestellt. (Das alte Instrument wird von Schnitger später in der Stader Burgkirche aufgestellt.) Schnitgers Werkstatt arbeitet zunächst nur gelegentlich am Instrument. Erst im letzten Baujahr wird mit größerer Intensität an der Orgel in Neuenfelde gearbeitet.

 

 

1750

Der erste verändernde Eingriff in das Instrument findet statt: Jakob Albrecht (Lamstedt) entfernt aus dem Rückpositiv das Trechterregal 8’ und setzt auf den freien Platz das Krummhorn 8’ aus dem Hauptwerk. Den nun freien Platz des Krummhorns besetzt er mit einer neuen Vox humana 8’.

 

 

1867

Der Stader Orgelbauer Johann Hinrich Röver legt das Rückpositiv still und baut ein Hinterwerk mit sechs Registern unter Einbeziehung von Schnitgers Gedackt 8’ und Blockflöte 4’.

 

 

1886

Anscheinend – die Quellenlage ist etwas ungenau – entfernt Johann Hinrich Rövers Sohn Heinrich Röver weitere „aus der Mode gekommenen“ Register.

 

 

1926

Eine erste Restaurierung wird unternommen: Der Hamburger Orgelsachverständige Hans Henny Jahnn und der Lübecker Orgelbauer Karl Kemper reaktivieren das Rückpositiv. Um den Fehlbestand im Schnitgerschen Pfeifenwerk zu ergänzen, stellt Kemper Pfeifen aus seinem Lager abgebrochener Instrumente zur Verfügung – darunter Pfeifen aus der Orgel in Lübeck St. Aegidien von Hans Scherer d. J. (1624).

 

 

1938

Paul Ott (Göttingen) fertigt alle hohen Mixturen sowie die Zungenpfeifen fast vollständig neu an, wobei aufgrund der damaligen Metallrationierung anstelle von Orgelmetall für die Becher der Posaune 16’ Kiefernholz und für die der Pedal-Trompete Kupfer verwendet wird.

 

 

1950/51

Rudolf von Beckerath (Hamburg) beseitigt Feuchtigkeitsschäden an den Windladen und Kanälen, verändert die Spieltraktur (das Rückpositiv mit zweiarmiger Zugmechanik) und baut eine neue Vox humana für das Hauptwerk nach dem Vorbild der Schnitger-Orgel in Hamburg St. Jacobi ein.

 

 

1978

Eine größere Restaurierung durch die Firma Ott findet ihren Abschluss. Dabei werden vor allem die inzwischen sehr undichten Windladen gesichert und abgedichtet. Außerdem werden die Änderungen der Spieltraktur teilweise rückgängig (unter anderem das Rückpositiv wieder auf eine Stechermechanik umgebaut) und die erhaltene Balganlage wieder betriebsfähig gemacht. Auch am Pfeifenwerk werden Reparaturen durchgeführt.

 

 

2017

Im Zustand vor der Restaurierung sticht die Orgel in vielen Registrierungen durch ihren Charakter und durch die intensive akustische Verbindung mit dem Kirchengebäude heraus. Gleichzeitig sind aber klangliche Probleme – resultierend aus der Inhomogenität des Pfeifenwerks (vor allem in dem Rückpositiv und Pedal) und gut gemeinten Eingriffen des 20. Jahrhunderts – unüberhörbar. Die sensible Akustik transportiert diese ebenso intensiv wie die deutlichen Trakturgeräusche. Zunehmend auftretende Stimmungsprobleme im Labialpfeifenwerk behindern das Nachstimmen der Zungenregister. Eine umfassende und verantwortungsvolle Restaurierung des Instruments sowie die entsprechenden umfangreichen Vorbereitungsmaßnahmen (Forschung, Dokumentation und Diskussion über die Maßnahmen) wird von der Werkstatt Kristian Wegscheider (Dresden) durchgeführt. Am 11. Juni 2017 wird die Orgel schließlich wieder eingeweiht.

 


(Stand 22.02.2022; Literatur und Quellen: Hilger Kespohl, 17.11.2016)

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